I. Vertretung
Rz. 57
Bei dem häufig auftretenden Mandat, den Auftraggeber als Miterben bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu vertreten und einen Auseinandersetzungsvertrag zu entwerfen oder den/die Auftraggeber bei Abschluss des Vertrages zu vertreten, sind die üblichen Tätigkeiten:
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die Informationsbeschaffung und |
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die Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen (Ermittlung der der Erbengemeinschaft zugrundeliegenden Erblasserverfügung(en) in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht oder der zugrunde gelegten gesetzlichen Erbfolge); |
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die Vertretung des/der Auftraggeber nach außen gegenüber den weiteren Miterben und |
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die Besprechung der Rechtslage und der Möglichkeiten einer außergerichtlichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft mit den Miterben. |
Hinzu kommt regelmäßig
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die Vertretung/Begleitung des/der Auftraggeber bei Vertragsschluss, z.B. vor einem Notar oder dem Gericht. |
Rz. 58
Die Geschäftsgebühr fällt hierbei als sogenannte Betriebsgebühr an. Darüber hinaus können weitere Gebühren des ersten Teils des VV RVG entstehen:
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Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG, |
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Erhöhungsgebühr, Nr. 1008 VV RVG, |
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Hebegebühr, Nr. 1009 VV RVG und |
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Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG, soweit ein unbedingter Klageauftrag vorlag. |
Rz. 59
Grundsätzlich ist bei einer Erbauseinandersetzung im außergerichtlichen Bereich in der Regel (Einzelfallbetrachtung) von einer überdurchschnittlich schwierigen und umfangreichen Angelegenheit auszugehen, so dass grundsätzlich eine 2,2 Geschäftsgebühr angemessen ist.
Rz. 60
Zu prüfen ist jedoch, ob Umfang und Schwierigkeit die Gebührenbemessung rechtfertigen. Ist der Rechtsanwalt nur sehr kurze Zeit mit dem Mandat betraut, wird sich die Gebühr in Höhe von 2,0 nicht rechtfertigen lassen, so dass von einer 1,3 bis 1,5 Gebühr auszugehen wäre.
Rz. 61
Ist der Anwalt mit der Vertretung im Erbscheinsverfahren und der anschließenden Auseinandersetzung der Miterbengemeinschaft beauftragt, liegen zwei Angelegenheiten vor. Ist der Anwalt beauftragt, den Nachlass auseinanderzusetzen, die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen, rückständige Steuererklärungen abzugeben und die Erbschaftsteuer zu begleichen, so soll nur eine Angelegenheit vorliegen.
Dies erscheint bedenklich. Zumindest die Abgabe der Steuererklärung dürfte eine gesonderte Angelegenheit sein, zumal diese gar nicht nach dem RVG abzurechnen ist.
II. Vertretung und Vergleichsabschluss
Rz. 62
Die Einigungsgebühr gemäß Nr. 1000 VV RVG ist entstanden, wenn der Rechtsanwalt an der Erarbeitung des Vertrages mitgewirkt hat und dieser später geschlossen wird. Voraussetzung ist, dass der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG. Die Gebühr entsteht ebenfalls unter der Voraussetzung der Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 2 VV RVG.
Für eine Mitwirkung bei Vertragsverhandlungen entsteht die Gebühr nur dann, wenn diese für den Abschluss des Vertrages ursächlich waren, Nr. 1000 Abs. 2 VV RVG. Für die Mitwirkung bei einem unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter dem Vorbehalt des Widerrufs geschlossenen Vertrag entsteht die Gebühr, wenn die Bedingung eingetreten ist oder der Vertrag nicht mehr widerrufen werden kann, Nr. 1000 Abs. 3 VV RVG.
III. Terminsgebühr im außergerichtlichen Mandat?
Rz. 63
Soweit eine Besprechung zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung stattfindet, entsteht die Terminsgebühr entsprechend der Vorbem. 3 Abs. 3 RVG. Hiernach entsteht die Gebühr für außergerichtliche Termine und Besprechungen für
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die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins und |
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die Mitwirkung an Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind; dies gilt nicht für Besprechungen mit dem Auftraggeber. |
Rz. 64
Erforderlich ist mithin eine Besprechung mit dem Gegner und/oder seinem Anwalt, Steuerberater oder Versicherer. Die gleichzeitige Anwesenheit der Gesprächsteilnehmer an ein und demselben Ort wird nicht verlangt. Die Terminsgebühr wird daher auch durch Telefonate mit der Gegenseite ausgelöst.
Es reicht auch aus, dass der Anwalt an einem Termin lediglich telefonisch teilnimmt, während sein Mandant mit dem Gegner persönlich zusammensitzt. Der sehr weitgehenden Ansicht des OLG Koblenz, wonach auch der Austausch von E-Mails durch die beteiligten Anwälte eine Besprechung darstelle, hat der BGH eine Absage erteilt. E-Mails sind keine Besprechung (im Sinne einer mündlichen oder fernmündlichen Äußerung von Worten in Rede und Gegenrede), sondern ein schriftlicher Meinungsaustausch.
Der Austausch von Schriftzeichen per Brief, Telefax, SMS oder E-Mail lässt daher die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG nicht entstehen. Gemäß der gesetzlichen Regelung in Abs. 3 Nr. 2 muss die Besprechung auf die Vermeidung oder...