Rz. 40
Wird der Rechtsanwalt beauftragt, ein Testament zu entwerfen, handelt es sich jeweils um eine einseitige Willenserklärung des künftigen Erblassers. Wohingegen in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO das Entwerfen von Urkunden noch ausdrücklich aufgeführt war, ist nun der Wortlaut in der Nachfolgevorschrift Nr. 2300 VV RVG anders gefasst.
Gemäß Vorbem. 2.3 Abs. 3 zu Nr. 2300 VV RVG entsteht die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages. Damit fällt der Entwurf eines Testaments nach dem reinen Wortlaut des Gesetzes nicht in den Anwendungsbereich der Geschäftsgebühr.
Die Ausrichtung der Tätigkeit nach außen ist zwingende Voraussetzung für das Entstehen einer Geschäftsgebühr. Die auftragsgemäß auf den Entwurf eines Testaments beschränkte Tätigkeit eines Rechtsanwalts ist als Beratung und nicht als Betreiben eines Geschäfts zu vergüten. Nach Auffassung des BGH liegt darin weder das Betreiben eines Geschäfts noch die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags im Sinne der Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG. Der auftragsgemäße Entwurf zweier abgestimmter Testamente ist nach der Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs keine die Geschäftsgebühr auslösende Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags.
In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Fachliteratur ist die Frage, ob der auftragsgemäße Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments mit einer Geschäftsgebühr zu vergüten ist, umstritten. Nach anderer Ansicht kommt es darauf an, ob der Entwurf überhaupt wechselbezügliche Verfügungen enthält. Fehle es hieran, seien die jeweiligen Erklärungen der Testierenden frei widerruflich, weshalb nicht von einer vertraglichen oder vertragsähnlichen Bindung ausgegangen werden könne. Nach wiederum anderer Ansicht kann eine Geschäftsgebühr nicht entstehen, weil ein gemeinschaftliches Testament auch dann, wenn es wechselbezügliche Verfügungen enthalte, gemäß § 1937 BGB durch einseitige Erklärung errichtet werde. Die Mitwirkung bei der Errichtung einer Urkunde stelle für sich genommen nur eine Beratungstätigkeit dar.
Der BGH folgt in aktueller Rechtsprechung der letztgenannten Ansicht. Die Mitwirkung bei der Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments stelle kein Betreiben eines Geschäfts im Sinne einer nach außen gerichteten Tätigkeit dar. Um eine Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags handele es sich gleichfalls nicht. Ein gemeinschaftliches Testament ist kein Vertrag, auch dann nicht, wenn es wechselbezügliche Verfügungen (vgl. §§ 2270, 2271 BGB) enthält. Nach der Legaldefinition des § 1937 BGB stelle es eine einseitige Verfügung von Todes wegen dar. Der BGH verweist darauf, dass § 34 RVG eine angemessene Vergütung ermögliche. Während die Geschäftsgebühr einen Rahmen von 0,5 bis 2,5 vorsieht und nach dem Gegenstandswert berechnet wird (§ 2 Abs. 1 RVG), bei einer Verfügung von Todes wegen also nach dem Wert des Vermögens des Mandanten (§ 23 Abs. 3 RVG, § 102 GNotKG), gibt es für die in § 34 RVG vorgesehene Gebührenvereinbarung keine gesetzlichen Vorgaben. Nach der Konzeption des Gesetzes ist der Abschluss einer Gebührenvereinbarung gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 RVG die Regel, die Abrechnung der Vergütung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§ 34 Abs. 1 S. 2 RVG, § 612 BGB) und die Abrechnung der für Verbraucher geltenden Gebühren gemäß § 34 Abs. 1 S. 3 RVG die Ausnahme (vgl. bereits Rdn 1 ff.).
Insoweit bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsprechung, wonach das Entwerfen eines Testaments als Beratugstätigkeit abzurechnen ist und nicht als Geschäftstätigkeit, da sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts ausschließlich im Innenverhältnis zwischen ihm und dem Mandanten abspielt. Dies dürfte auch für die Fälle gelten, in denen der Rechtsanwalt im Rahmen einer Testamentserrichtung beispielweise beim zuständigen Grundbuchamt einen Grundbuchauszug einholt, da sich das Einholen eines Grundbuchauszuges als Informationsbeschaffung in der rein beratenden Tätigkeit des Rechtsanwalts erschöpfen dürfte. Die Entscheidung des BGH ist inhaltlich zutreffend und reiht sich nahtlos in die Entscheidung aus dem Jahre 2018 ein. Ein gemeinschaftliches Testament ist eben kein Erbvertrag. Mayer kritisiert die Argumentation des BGH und bringt Zweifel an, ob das Argument des Bundesgerichtshofs, wonach nach der Konzeption des Gesetzes der Abschluss einer Gebührenvereinbarung gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 RVG die Regel sei, wirklich greift, da in der Praxis der Abschluss von Gebührenvereinbarungen immer noch die Ausnahme sei. Eben hierauf hat der Autor aber bereits in der Vorauflage hingewiesen und empfohlen, eine Gebührenvereinbarung bei einer Testamentsberatung abzuschließen. Diese Empfehlung kann nur nochmal bekräftigt werden. Wer als Rechtsanwalt für seine Mandanten Testamente entwirft, ist damit gut beraten, eine Gebührenvereinbarung abzuschließen, die eine angemessene Vergütung für ihn darstellt.
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Bei der Ge...