I. Sozialrechtliche Verfahren

 

Rz. 146

Für die Vertretung des Arbeitnehmers im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren (zum Beispiel gegen Bescheide der Agentur für Arbeit) findet die Nr. 2302 VV Anwendung. Danach beträgt die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 60 bis 768 EUR, wobei die Regelgebühr gemäß der Anmerkung zu Nr. 2302 VV mit 359 EUR festgelegt ist.

 

Rz. 147

Gemäß Abs. 4 der Vorbemerkungen zu 2.3 VV ist eine im Verwaltungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr bei sozialrechtlichen Angelegenheiten (Betragsrahmengebühr) bis höchstens 207 EUR anzurechnen.

 

Rz. 148

In sozialgerichtlichen Klageverfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), richtet sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV. Der Betragsrahmen liegt zwischen 60 und 660 EUR (früher 50 und 550 EUR). Die Mittelgebühr beträgt demnach 360 EUR (früher 300 EUR). Die Terminsgebühr in diesen Verfahren richtet sich nach Nr. 3106 VV und bewegt sich in einem Betragsrahmen von 60 bis 610 EUR (Mittelgebühr = 335 EUR), früher 50 bis 510 EUR (Mittelgebühr = 280 EUR). Die Terminsgebühr entsteht gemäß der Anmerkung zu Nr. 3106 auch, wenn in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren mit oder ohne Mitwirkung des Gerichts ein Vertrag im Sinne der Nr. 1000 geschlossen wird oder eine Erledigung der Rechtssache im Sinne der Nr. 1002 eingetreten ist (Nr. 1 der Anmerkung), wenn nach § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden wird (Nr. 2 der Anmerkung) oder wenn das Verfahren nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet (Nr. 3 der Anmerkung). Darüber hinaus entsteht die Terminsgebühr gemäß der Vorbemerkung 3 Abs. 3 S. 1 VV auch für die Wahrnehmung von außergerichtlichen Terminen und Besprechungen, wenn nichts anderes in den Vorbemerkungen bestimmt ist. Nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 S. 2 VV entsteht die Terminsgebühr insbesondere für die Wahrnehmung eines Termins mit einem gerichtlichen Sachverständigen oder für Besprechungen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Besonders die zweite Alternative zeigt auf, dass der Gesetzgeber der Vermeidung von gerichtlichen Verfahren eine hohe Bedeutung beimisst.[96]

Nach § 14 RVG kann der jeweilige Gebührenbetragsrahmen in umfangreichen, schwierigen Fällen unter Umständen voll auszuschöpfen sein.

[96] Zur Frage der Anrechnung von Gebühren vergl. SG Dresden v. 30.6.2015 – S 28 SF 132/15 E.

II. Vollstreckung

 

Rz. 149

Für die Vollstreckung arbeitsgerichtlicher Titel gelten die Nr. 3309, 3310 VV. Danach erhält der Rechtsanwalt für die Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung eine Verfahrensgebühr von 0,3 (Nr. 3309 VV) und für eine eventuelle Teilnahme an einem gerichtlichen Termin oder einem Termin zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung eine Terminsgebühr von ebenfalls 0,3 (Nr. 3310 VV). Auch wenn das Amtsgericht das Vollstreckungsgericht ist, werden vom Gericht nach § 11 Hs. 2 GKG keine Kostenvorschüsse erhoben.

 

Rz. 150

Wird im Rahmen der Zwangsvollstreckung eine vergleichsweise Einigung erzielt, ist streitig, ob eine Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV in Höhe von 1,5[97] oder nach Nr. 1003 VV in Höhe von 1,0 entsteht.[98]

[97] So Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Nr. 1000 VV Rn 18, da mit gerichtlichen Verfahren i.S.v. Nr. 1003 VV Erkenntnisverfahren gemeint seien.
[98] So Hartmann, Kostengesetze, Nr. 1003 VV Rn 14, der von Nr. 1003 VV auch das Zwangsvollstreckungsverfahren oder die Verfahren zwecks Arrests bzw. einstweiliger Verfügung erfasst sieht.

III. Schlichtungsverfahren

 

Rz. 151

Im Schlichtungsverfahren nach § 111 Abs. 2 ArbGG, nach dem SeemG oder der Einigungsstelle nach § 76 BetrVG erhält der Rechtsanwalt nach Nr. 2303 VV eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1,5. Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 entstanden ist, wird die Hälfte dieser Gebühr nach dem Wert des Gegenstands, der in das Verfahren übergegangen ist, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, angerechnet (Anmerkung zu Nr. 2303 VV).

 

Rz. 152

In einem nachfolgenden Rechtsstreit wird die gemäß Nr. 2303 VV im Schlichtungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 wiederum zur Hälfte, höchstens jedoch mit einem Gebührensatz von 0,75, angerechnet. Sind mehrere Gebühren entstanden, ist für die Anrechnung die zuletzt entstandene Gebühr maßgebend, Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 3.

 

Beispiel

Ein Auszubildender hat eine Kündigung erhalten und beauftragt den Rechtsanwalt ihn außergerichtlich zu vertreten. Anschließend wird ein Schlichtungsverfahren durchgeführt, danach Klage erhoben. Es findet eine mündliche Verhandlung statt.

 
Außergerichtliche Vertretung (Gegenstandswert 3.000 EUR)
1,3 Geschäftsgebühr, 2300 VV 288,60 EUR
Postentgeltpauschale, 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 308,60 EUR
19 % Umsatzsteuer, 7008 VV 58,63 EUR
Gesamt 367,23 EUR
   
Schlichtungsverfahren (Geg...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?