Rolf Schaefer, Dipl.-Jur. Malte Schaefer
1. Umfang der Mandatierung
Rz. 112
Regelmäßig erwarten Mandanten, dass ihr Streit mit der Gegenseite nach einem ersten Gerichtsverfahren insgesamt entschieden oder vergleichsweise geregelt ist. Der Rechtsanwalt schuldet seine Dienste aber nur aufgrund des erteilten Mandates, nur in dieser Angelegenheit. Daneben ergibt sich bei einer Kündigung häufig auch weiterer Streit im Zusammenhang mit der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses, der dann im Rahmen eines Vergleiches mit geregelt wird.
Beispiel (Teil 1)
Arbeitnehmer N kommt mit dem Kündigungsschreiben seines Arbeitgebers G zum Rechtsanwalt R. G hat N fristgerecht gekündigt. Das Kündigungsschutzgesetz findet Anwendung. R weist den N darauf hin, dass die soziale Rechtfertigung nur in einem gerichtlichen Verfahren überprüft werden kann und die Klage innerhalb von drei Wochen erhoben sein muss. N erteilt dem R den Auftrag zum Erheben einer Kündigungsschutzklage.
Rz. 113
In der Praxis wollen Arbeitsgerichte gelegentlich allgemeine Erledigungsklauseln zu Protokoll nehmen, ohne dass vorher mit den Parteien besprochen worden ist, ob neben dem streitigen Anspruch noch weitere (unstreitige) Ansprüche zwischen den Parteien bestehen. Dazu wird der Anwalt regelmäßig nicht mandatiert sein. Es besteht auch eine nicht zu unterschätzende Regressgefahr für den Anwalt, wenn die Parteien innerhalb der mündlichen Verhandlung über weitere eventuelle Ansprüche endgültig entscheiden sollen. Zudem sind damit nach dem Gesetz Kosten verbunden.
Rz. 114
Die Kostenfolgen von Ansprüchen, die im Vergleich mit geregelt werden, wollen einige Gerichte dadurch vermeiden, dass sie bei der Festsetzung des Gegenstandswertes den mit protokollierten Ansprüchen keinen oder nur einen geringen Wert beimessen (Abschnitt I.25. des Streitwertkatalogs). Der Wert eines Anspruchs ist jedoch nicht von der Frage der Rechtshängigkeit abhängig. Jedenfalls ist der Wert eines Anspruchs nicht höher, wenn er von der Gegenseite bestritten wird.
Beispiel (Teil 2)
In der Güteverhandlung ist N anwesend. N will nun, dass alle Ansprüche zwischen ihm und G in diesem Termin geregelt werden. R wird entsprechend für N tätig. Die Parteien vereinbaren, dass N bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiterarbeitet und dafür die vertragliche Vergütung erhält. Ferner erhält N eine Abfindung und unter dem Beendigungsdatum ein qualifiziertes Zeugnis mit einer guten Gesamtbeurteilung und Dankes-Bedauern-Formel sowie Zukunftswünschen. Ferner vereinbaren die Parteien eine allgemeine Erledigungsklausel.
Rz. 115
Der Anwalt erhält zwar eine gesetzliche Vergütung, aber diese gesetzliche Vergütung schuldet der Mandant dem Anwalt aufgrund des geschlossenen Mandatsvertrages. Der Anwalt wird nicht aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses für den Mandanten tätig. Deshalb muss zunächst der Mandatsvertrag sich auch auf die Punkte erstrecken, die der Anwalt dadurch regelt, dass er lediglich eine Einigung der Parteien zu Protokoll nehmen lässt. Ist der Mandant bei der Protokollierung anwesend und stimmt er dem Geschehen (konkludent) zu, ist in seiner Zustimmung auch eine Erweiterung des Mandatsvertrages zu sehen.
Rz. 116
Wenn der Anwalt ohne Auftrag des Mandanten Punkte regelt, die nicht Gegenstand seines Mandates waren, kann der Mandant diese Tätigkeit genehmigen und damit konkludent den Auftrag des Anwalts erweitern. Dies geschieht in der Praxis häufig dadurch, dass der Vergleich widerruflich geschlossen wird und der Mandant dann innerhalb der Widerrufsfrist entscheiden muss, ob er diese Einigung und damit auch die Erweiterung des Mandats will.
2. Art des Auftrags
Rz. 117
Nach dem erteilten Mandat richtet sich auch, ob der Anwalt eine Vergütung nach Nr. 3101 VV (0,8) oder eine Vergütung nach Nr. 2300 erhält (0,5 bis 2,5).
Beispiel
Nach Erhebung der Kündigungsschutzklage verlangt N vom G ohne anwaltliche Unterstützung ein qualifiziertes Zwischenzeugnis. Er erhält daraufhin ein qualifiziertes Zeugnis mit einer ausreichenden Leistungsbeurteilung. N bittet R darauf hinzuwirken, dass er ein gutes Zwischenzeugnis erhält. R schreibt sodann G an und teilt die Änderungswünsche von N mit. Danach telefoniert G mit R über die einzelnen streitigen Punkte. Eine Einigung kommt außergerichtlich nicht zustande.
In einem solchen Fall liegt wegen der Zeugnisberichtigung kein Prozessauftrag vor. Dazu müsste N konkrete Formulierungswünsche vorgeben, die wegen der Formulierungsmacht des Arbeitgebers oft nicht einklagbar sind. Gleichwohl lassen sich Formulierungswünsche bei Vergleichsverhandlungen, insbesondere im Zusammenhang mit Kündigungsschutzklagen, durchsetzen.
3. Gebührenhöhe und Anrechnung
Rz. 118
Nach § 15 Abs. 3 RVG, Nr. 3101 Nr. 2 VV erhält der Rechtsanwalt 0,8 einer Verfahrensgebühr nach dem Differenzwert (= Wert des Vergleichs – Wert des Streitgegenstan...