Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 60
Die Stufenklage bildet einen Sonderfall der objektiven Klagenhäufung. Der Kläger kann hierbei in mehreren miteinander verbundenen Klageanträgen sein eigentliches Klageziel schrittweise vorbereiten. Nach § 254 ZPO ist es ausnahmsweise gestattet, für die letzte Stufe einen zunächst betragsmäßig unbestimmten Klageantrag zu stellen. In Familiensachen heißt es "Stufenantrag" gemäß § 38 FamGKG.
Zur Vorbereitung seines eigentlichen Anspruches wird der Kläger bei der Stufenklage Klageanträge oftmals in drei Stufen miteinander verbinden, über die das Gericht nacheinander (also eine Stufe nach der anderen) verhandeln und entscheiden soll. Die Klageanträge für die drei Stufen werden häufig sein:
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in der ersten Stufe beispielsweise ein Antrag auf Rechnungslegung (z. B. gemäß § 259 Abs. 1 BGB) oder auf Auskunft über Einkommensverhältnisse und |
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in der zweiten Stufe ein Antrag auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Vollständigkeit der in der ersten Stufe gemachten Angaben (z. B. gemäß § 259 Abs. 2 BGB), |
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wonach erst in der dritten Stufe der Antrag auf Zahlung oder Herausgabe mit einem bestimmten Betrag angegeben werden kann. |
Stufenklagen kommen häufiger bei Erbauseinandersetzungen oder bei Unterhaltsverfahren ("Stufenantrag") vor. Die zweite Stufe kann auch entfallen, wenn auf die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verzichtet wird; dann gibt es eben nur zwei Stufen.
Hinweis:
Da es sich bei der Stufenklage gemäß § 254 ZPO um eine einzige Klage handelt, gilt auch für den RA, dass nur eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit vorliegt, in der jede Gebühr nur einmal entstehen kann.
Die in der Stufenklage miteinander verbundenen Klageanträge haben alle das gleiche Ziel: Die gerichtliche Durchsetzung eines Leistungsanspruches. Es wäre also eigentlich folgerichtig, zur Streitwertermittlung den Wert des Leistungsanspruches heranzuziehen. Leider ist dies nicht so eindeutig geregelt; zudem müssen wir noch zwischen der Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwertes und der Ermittlung des Gebührenstreitwertes unterscheiden.
Rz. 61
Für den Zuständigkeitsstreitwert gilt das Additionsgebot des § 5 Hs. 1 ZPO, was bedeutet, dass die Werte der Ansprüche der meistens drei Stufen gemäß § 3 ZPO zu schätzen und dann zu addieren sind.
Rz. 62
Für den Gebührenstreitwert existiert eine eigenständige Regelung in § 44 GKG, die berücksichtigt, dass der Kläger nur an dem im Endeffekt verfolgten Leistungsanspruch ein wirkliches Interesse hat. Deshalb ist für den Gebührenstreitwert nur einer der verbundenen Klageansprüche, und zwar der höhere, maßgebend. Dies mag sich schwieriger anhören als es ist: Wenn alle Stufen vom Gericht entschieden sind, kommt es praktisch nur auf den Wert des in der letzten Stufe geltend gemachten Leistungsanspruches an, denn der Wert der nur zur Vorbereitung dienenden Stufen kann nicht höher sein als dieser. Nur wenn es aus irgendwelchen besonderen Gründen nicht zur letzten Stufe kommt, sind die Vorstufen zu bewerten.
Hinweis:
Für den Gebührenstreitwert ist abzustellen auf den bei Antragstellung der ersten Stufe erwarteten Wert (§ 40 GKG, § 34 FamGKG), also womit der Antragsteller vernünftigerweise rechnet, was in der letzten Stufe herauskommen wird. Wird später in der letzten Stufe nur ein geringerer Wert gefordert, verbleibt es bei dem Wert der ersten Stufe (OLG Schleswig, Beschluss vom 30.06.2015 – 10 WF 73/15).
Merke:
Bei einer Stufenklage ergibt sich der Gebührenstreitwert in der Regel aus dem Wert des in der letzten Stufe geltend gemachten Leistungsanspruches.
Der RA kann bei einer Stufenklage jede Gebühr nur einmal nach diesem Wert berechnen.