1. Frage
Rz. 66
Der Mandant wurde in einem Räumungsverfahren nach Kündigung des Wohnungsmietvertrages vertreten. In der mündlichen Verhandlung wurde ein Vergleich ausgehandelt, wonach der Mandant die Kündigung akzeptiert und die Wohnung besenrein bis zu einem bestimmten Zeitpunkt übergibt. Vom Vermieter erhält er dafür eine Zahlung von 2.000 EUR. Der Streitwert wurde vom Gericht für das Verfahren nach § 41 GKG festgesetzt. Ein Mehrwert für den Vergleich wurde nicht berücksichtigt. – Muss Beschwerde gegen die Festsetzung eingelegt werden?
2. Antwort
Rz. 67
Die Wertfestsetzung ist nach § 32 Abs. 1 RVG auch für die Berechnung der Anwaltsgebühren bindend. Beabsichtigt der Anwalt, bei der Vergütung auch einen Mehrwert zu berücksichtigen, wäre daher eine Beschwerde nach § 32 Abs. 2 RVG erforderlich. Diese hätte jedoch nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Wertfestsetzung durch das Gericht falsch ist. Entscheidend für den Wert ist dabei immer, worüber die Parteien streiten und nicht worauf sie sich einigen. Unerheblich ist es daher, worauf sich die Parteien verglichen haben, selbst wenn die nach dem Vergleich zu erbringende Leistung wertmäßig über dem verglichenen Anspruch liegt. Das OLG Hamm und OLG Karlsruhe haben daher entschieden, dass kein Vergleichsmehrwert entstehe, wenn sich die Parteien im Rahmen eines Räumungsrechtsstreits vergleichsweise über die vorzeitige Beendigung des Mietvertrages gegen Zahlung einer Abfindung bzw. Umzugsbeihilfe einigen. Auch das OLG Düsseldorf hat festgestellt, dass eine Berücksichtigung nur dann in Betracht käme, wenn dadurch weitere Streitgegenstände miterledigt werden. N. Schneider differenziert ebenfalls. Werde die Umzugsbeihilfe oder eine vergleichbare Abfindung lediglich gewährt, um die Auszugsbereitschaft des Mieters zu erhöhen, kann diese nicht werterhöhend berücksichtigt werden. Werde sie hingegen als Gegenleistung zur Abgeltung anderer nicht anhängiger Ansprüche wie zum Beispiel eventueller Schadensersatzansprüche wegen Verschlechterung der Mietsache oder aufgrund unberechtigter Eigenbedarfskündigung bzw. den teilweisen Verzicht auf eine Räumungsfrist gewährt, dann wirke sich dies werterhöhend aus. Maßgebend ist dann jedoch nicht der vereinbarte Abfindungsbetrag, sondern der Wert des Anspruchs, der dadurch abgegolten werden soll. Denkbar wäre auch die Einbeziehung eines Anspruchs auf Rückzahlung der Kaution. Ist ein Mehrwert aufgrund der Einbeziehung solcher Ansprüche gegeben, sollte hierzu nach Möglichkeit bereits vor einer Wertfestsetzung konkreter Vortrag erfolgen, damit dies vom Gericht berücksichtigt werden kann.