Rz. 5

Zwar wurde in der Vergangenheit die Rechtsnatur des gesetzlich nicht geregelten "Typus Anwaltsvertrag" kontrovers diskutiert.[4] Zwischenzeitlich ist anerkannt, dass es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag[5] gemäß § 675 Abs. 1 BGB handelt.

§ 675 Abs. 1 BGB nimmt Bezug auf zahlreiche Vorschriften des Auftragsrechts (§§ 663, 665670, 672674 BGB). Der Auftrag ist gekennzeichnet durch ein unentgeltliches, fremdnütziges Tätigwerden. Der Rechtsanwalt wird ebenfalls fremdnützig, jedoch entgeltlich tätig. Gleichwohl hat er nach dem Willen des Gesetzgebers über die Verweisung in § 675 Abs. 1 BGB den Pflichtenkatalog der Vorschriften über den Auftrag zu beachten: er ist grundsätzlich an Weisungen des Mandanten gebunden (§ 665 BGB), zur Herausgabe der aus der Geschäftsführung erlangten Vorteile verpflichtet (§ 667 BGB) und kann nach § 670 BGB neben seiner Vergütung Aufwendungsersatz vom Auftraggeber verlangen.

Der Anwaltsvertrag wird durch zahlreiche Vorschriften des anwaltlichen Berufs- und Gebührenrechts[6] näher ausgestaltet. Ist der Mandant Verbraucher, können auch die Regelungen zum Fernabsatz gemäß §§ 312 ff. BGB anwendbar sein.[7]

[4] Einzelheiten des Streitstandes: Schliebner, Die Haftung des Rechtsanwalts aus dem Vertragsverhältnis zu seinem Klienten, 1935.
[5] Nach dem Gesetzeswortlaut ein Dienst- oder Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat.
[6] Maßgeblich vor allem: BRAO, BORA, CCBE, RVG. Eine vollständige Textsammlung aller einschlägigen Gesetze und Normen findet sich bei Horn/Huff, Berufsrecht der Anwaltschaft (Textsammlung, 17. Aufl. 2017).

a) Der Anwaltsvertrag als Dienstvertrag

 

Rz. 6

In den meisten Fällen liegt dem Auftrag ein Dienstvertrag gemäß § 611 BGB zugrunde. Der Rechtsanwalt leistet für seinen Mandanten "Dienste höherer Art",[8] die ihm aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses übertragen werden. Er wahrt die Rechte seines Mandanten und setzt diese sowohl in außergerichtlicher als auch in prozessualer Hinsicht durch.

 

Rz. 7

Einen bestimmten Erfolg verspricht der Rechtsanwalt in der Regel nicht. Das ist ihm schon aus standesrechtlichen Gründen untersagt, da ein Erfolgversprechen der Verpflichtung zur gewissenhaften und sachlichen Berufsausübung widerspräche (§§ 43 S. 1, 43a Abs. 1, 3 BRAO). Überdies darf nach § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO, § 4a Abs. 1 S. 1 RVG ein Erfolgshonorar nur im Einzelfall (in Textform) und ausschließlich dann vereinbart werden, wenn der Mandant aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse andernfalls von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.[9] Verspräche der Rechtsanwalt gleichwohl das Obsiegen im Prozess oder die Herbeiführung einer außergerichtlichen Einigung, so führte dies zu einer verschuldensunabhängigen Garantiehaftung, deren haftungsrechtliche Konsequenzen im Versagensfall für den Anwalt nicht mehr abgewendet werden könnten.[10] Auch die Berufshaftpflichtversicherung gewährte hier in aller Regel keinen Versicherungsschutz.

 

Rz. 8

Nicht erforderlich für den Abschluss eines Anwaltsvertrags ist, dass sich Rechtsanwalt und Mandant auf eine Vergütung einigen. Ein Vertrag kommt auch zustande, wenn der Rechtsanwalt unentgeltlich für den Mandanten tätig wird, beispielsweise im Rahmen einer (kurzen) kostenlosen telefonischen Auskunft. Auch wenn der Rechtsanwalt aus reiner Gefälligkeit eine Auskunft erteilt, ohne ausdrücklich mandatiert zu sein, kann er dafür einzustehen haben, sofern für den Anwalt ersichtlich war, dass der Ratsuchende seine Entscheidung auf die Auskunft des Anwalts stützen möchte.[11]

 

Rz. 9

Das Dienstvertragsrecht enthält keine speziellen Regelungen zu Schadensersatz oder Gewährleistung wegen einer mangelhaften Erfüllung des Anwaltsvertrags. Für vorvertragliche Pflichtverletzungen gilt daher § 311 Abs. 2 BGB, Schadensersatzansprüche wegen vertraglichen Pflichtverstößen richten sich nach § 280 BGB. Typische dienstvertragliche Tätigkeiten im Erbrecht sind neben der Vertretung oder Beratung des Mandanten insbesondere die Einsichtnahme in die Nachlassakte oder das Grundbuch.

[8] Palandt/Weidenkaff, § 627 Rn 2.
[9] § 49b Abs. 2 BRAO, § 4a RVG wurden eingeführt, nachdem das BVerfG (NJW 2007, 979) das absolute Verbot anwaltlicher Erfolgshonorare für verfassungswidrig erklärt hatte.
[10] Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 10 Rn 25. Notaren ist nach § 14 Abs. 4 BNotO unter anderem untersagt, im Zusammenhang mit einer Amtshandlung eine Gewährleistung zu übernehmen.

b) Der Anwaltsvertrag als Werkvertrag

 

Rz. 10

Wie vorstehend dargelegt, liegt nur ausnahmsweise ein Anwaltsvertrag mit werkvertraglichem Inhalt vor. Der Rechtsanwalt schuldet dann gemäß § 631 Abs. 1 BGB die Herstellung des versprochenen Werks. Bei Pflichtverletzungen des Anwalts stehen dem Mandanten die werkvertraglichen Gewährleistungsrechte zu.

 

Rz. 11

Um einen Werkvertrag kann es sich beispielsweise handeln, wenn der Rechtsanwalt bei der Erstellung von Gutachten oder Vertragsentwürfen tätig wird. Zwingend ist das aber nicht. Die Rechtsprechung zur Einordnung der anwaltlichen Tätigkeit als Dienst- oder Werkvertrag ist un...

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