Rz. 75
Für die Dauer von Vergleichsverhandlungen über den Gegenstand des Beschlusses oder die ihm zugrundeliegenden Umstände zwischen dem anfechtungsbefugten Gesellschafter und der Gesellschaft wird die Klagefrist nach § 112 Abs. 3 S. 1 HGB zwecks Abmilderung der mit der Fristenregelung verbundenen Härten gehemmt (wofür "im Personengesellschaftsrecht angesichts der typischen personalistischen Struktur, dem besonderen Interesse an einer außergerichtlichen Streitvermeidung und -schlichtung sowie der Gefahr der persönlichen Haftung ein besonderes Bedürfnis [besteht]").
Dabei lässt jeder Meinungsaustausch zwischen dem anfechtungsbefugten Gesellschafter und der Gesellschaft über den Gegenstand des Beschlusses die Hemmung eintreten, "sofern nicht sofort und eindeutig einer der Beteiligten das Begehren nach einer Aufhebung oder Abänderung des Beschlusses ablehnt". Der Eintritt der Hemmung setzt somit Folgendes voraus:
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Die Verhandlungen finden zwischen den künftigen Prozessparteien statt (mit eventueller Zurechnung des Verhandelns Dritter nach allgemeinen Grundsätzen rechtsgeschäftlicher oder organschaftlicher Vertretung). |
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Da "ein Gesellschafter in Vertretung der Gesellschaft in einem Prozess nicht selbst über den Beschluss disponieren [kann] (…), ist eine Reaktion der Gesellschaft auf die Vergleichsbemühungen im Regelfall erst nach Ablauf einer angemessenen Frist zu erwarten, innerhalb derer er die anderen Gesellschafter informieren und gegebenenfalls einen ermächtigenden Gesellschafterbeschluss zur Führung von Vergleichsverhandlungen einholen konnte". |
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Die Verhandlungen werden über den Gegenstand des Beschlusses oder die ihm zugrundeliegenden Umstände geführt, eine Beschränkung auf den Streitgegenstand eines künftigen Prozesses ist nicht notwendig. |
Rz. 76
Die für die Verjährung geltenden §§ 203 und 209 BGB über die Ablaufhemmung bei Verhandlungen und der Wirkung der Hemmung sind nach § 112 Abs. 3 S. 2 HGB – "um dem Gesellschafter nach Verhandlungsende eine angemessene Überlegungszeit einzuräumen" – mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Klagefrist frühestens einen Monat nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen endet.
Damit soll der Gesellschafter vor einem überraschenden Ende der Hemmung bewahrt und ihm nach Ende der Vergleichsverhandlungen eine gewisse, im Verhältnis zur gesetzlichen dreimonatigen Klagefrist angemessene Überlegungsfrist gesichert werden.
Infolgedessen gelangt § 112 Abs. 3 S. 2 HGB nicht zur Anwendung, wenn nach Ende der Hemmung noch eine Frist von mehr als einem Monat verbleibt.
Die gesetzliche Regelung des § 112 Abs. 3 HGB ist geboten, "weil diese Vorschriften auf die Klagefrist als materiell-rechtliche Ausschlussfrist jedenfalls keine direkte Anwendung finden".