Rz. 28
Nachstehend sollen für die Freien Berufe der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte die einschlägigen (vorläufigen) berufsrechtlichen Zulassungsregelungen für eine Kooperation in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft aufgezeigt werden.
a) Steuerberater (§ 49 StBerG)
Rz. 29
Seit dem 1.8.2022 müssen sich Steuerberatungsgesellschaften nicht mehr (vgl. § 49 Abs. 2 StBerG alt) zum Zweck der Eintragung ins Handelsregister als OHG bzw. KG auf eine Treuhandtätigkeit berufen.
Gemäß der Neuregelung des § 49 Abs. 2 Nr. 1 StBerG können Berufsausübungsgesellschaften zur gemeinsamen Ausübung der Steuerberatung in Deutschland seither als Rechtsform alle "Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften" wählen, womit der Gesetzgeber von der Öffnungsoption des § 107 Abs. 1 S. 2 HGB Gebrauch gemacht hat.
b) Wirtschaftsprüfer (§ 27 WPO)
Rz. 30
Seit dem 1.8.2022 – an dem § 27 Abs. 2 WPO alt (Erfordernis einer Treuhandtätigkeit) entfallen ist – können gemäß der Neuregelung des § 27 WPO europäische Gesellschaften, Gesellschaften nach deutschem Recht oder in einer nach dem Recht eines EU- bzw. EWR- Mitgliedstaates zulässigen Rechtsform nach Maßgabe der §§ 28 ff. WPO als Wirtschaftsprüfungsgesellschaften anerkannt werden, womit für den Bereich der Wirtschaftsprüfung die berufsrechtliche Zulässigkeit der Handelsgesellschaft erklärt wird.
c) Rechtsanwälte (§ 59a Abs. 2 Nr. 1 BRAO)
Rz. 31
Nach § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO sind für die gemeinschaftliche anwaltliche Berufsausübung sämtliche "Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften" zugelassen.
d) § 49 Abs. 2 StBerG, § 27 WPO und § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO als Ausformungsgesetze zu § 107 Abs. 1 S. 2 HGB
Rz. 32
Der Gesetzgeber hat § 49 Abs. 2 StBerG, § 27 WPO und § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO allerdings nicht als autonome Öffnungsregelungen statuiert, sondern als Ausformungsgesetze zu § 107 Abs. 1 S. 2 HGB (mit Anknüpfung an den Wortlaut: "soweit […]"). Ansonsten wären – da die Öffnungsregelung des § 107 Abs. 1 S. 2 HGB nach Art. 137 S. 1 MoPeG erst am 1.1.2024 in Kraft tritt – die Rechtsformen OHG und KG (insbesondere auch die GmbH & Co. KG) für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte erst zum 1.1.2024 eröffnet gewesen.
Rz. 33
§ 49 Abs. 2 StBerG, § 27 WPO und § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO sind damit – da nach Art. 36 des Gesetzes zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften vom 7.7.2021 die genannten Regelungen zum 1.8.2022 in Kraft getreten sind – jeweils temporäres lex specialis bis zum Inkrafttreten des MoPeG (d.h. vom 1.8.2022 bis zum 1.1.2024): "Soweit das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (…) in Kraft tritt, ist § 59b Abs. 2 BRAO-E Spezialvorschrift zu § 105 Abs. 2 HGB [alt] und geht diesem vor".