Rz. 66
Wenn ein Beschluss seinem Inhalt nach gegen die "guten Sitten" nach § 138 BGB verstößt, ist er nichtig. Hierzu bedarf es keiner besonderen klarstellenden Regelung entsprechend § 241 Nr. 4 AktG.[132]
Von Rechtsvorschriften zwingenden Rechts, deren entsprechender Charakter im Wege der Auslegung der konkret in Rede stehenden Norm zu ermitteln ist[133] (z.B. ein vollständiger Entzug [nicht bloße Einschränkung] des Kontroll-, Informations- oder Kündigungsrechts bzw. des Rechts auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung einschließlich des Rede- und Antragsrechts nebst Klagerecht gegen fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse[134] führt zur Nichtigkeit entsprechender Beschlüsse),[135] sind "solche Rechte, die, wie z.B. Sonderrechte der Gesellschafter, zwar ebenfalls zum Kernbereich der Mitgliedschaft gehören, in die aber nur mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters eingegriffen werden darf (relativ unentziehbare Rechte)" abzugrenzen.[136] Eine Zustimmung kann auch antizipiert erklärt werden (bspw. indem ein Gesellschafter sich in Bezug auf eine Mehrbelastung nach § 710 BGB [Mehrbelastungsverbot] gesellschaftsvertraglich einer Mehrheitsklausel unterwirft).[137]
Eingriffe in relativ unentziehbare Rechte unterliegen in diesem Fall der Dispositionsbefugnis der Gesellschaftermehrheit. Dabei gilt folgender Prüfungsmaßstab:[138]
▪ | Ist der Eingriff im Interesse der Gesellschaft geboten? |
▪ | Ist der Eingriff dem betroffenen Gesellschafter unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar? |
Das Fehlen einer entsprechenden Zustimmung macht den Beschluss weder nichtig noch anfechtbar, sondern unwirksam.[139] Damit ist der Gesellschafter nicht ohne seine Zustimmung an den Beschluss gebunden. Er kann die Zustimmung auch noch ereilen.[140]
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