Rz. 121
Die Neuregelung des § 122 HGB, die die Voraussetzungen einer Gewinnauszahlung normiert (und die die wenig praxistaugliche Altregelung des § 122 HGB alt [Entnahmeregelung] ersetzt), hat folgenden Wortlaut (wohingegen § 122 HGB alt Entnahmen geregelt hatte):
Jeder Gesellschafter hat aufgrund des festgestellten Jahresabschlusses Anspruch auf Auszahlung seines ermittelten Gewinnanteils. Der Anspruch kann nicht geltend gemacht werden, soweit die Auszahlung zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht oder der Gesellschafter seinen vereinbarten Beitrag trotz Fälligkeit nicht geleistet hat“.
§ 122 HGB liegt das Prinzip der Vollausschüttung (Vollausschüttungshypothese) zugrunde. Infolgedessen bedarf es eines Beschlusses über die Verwendung des Jahresergebnisses nur dann, "wenn nicht der gesamte Gewinn auf die Gesellschafter aufgeteilt wird, sondern Teile des Gewinns zur Thesaurierung herangezogen werden sollen". Gewinnunabhängige Entnahmen sind – vorbehaltlich einer anderweitigen gesellschaftsvertraglichen Regelung (z.B. Steuerentnahmerecht, d.h. eines Entnahmerechts zur Erbringung steuerlicher Vorauszahlungspflichten) – nicht zulässig.
1. Anspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf Auszahlung des ihm zustehenden Gewinnanteils
Rz. 122
Jeder Gesellschafter hat nach § 122 S. 1 HGB aufgrund des festgestellten Jahresabschlusses einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Auszahlung seines ermittelten (d.h. des ihm zustehenden) Gewinnanteils (Auszahlungsanspruch), der fällig wird, "sobald er von dem berechtigten Gesellschafter geltend gemacht wird". Dieser Anspruch entsteht (wie bisher) bereits mit der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter (§ 121 HGB).
Beachte:
Aufgrund des Wortlauts ("Anspruch") ist ein einmal entstandener Gewinnanspruch "für alle Zeit dem Fremdkapital der Gesellschaft (als Auszahlungsverbindlichkeit) zuzuordnen (…), sofern [er] nicht nachträglich durch Vereinbarung wieder in Eigenkapital umgewandelt [wird], was grundsätzlich nicht gegen den Willen des einzelnen Gesellschafters möglich ist".
2. Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft
Rz. 123
Der Anspruch des Gesellschafters gegen die Gesellschaft auf Auszahlung des ihm zustehenden Gewinnanteils kann nach § 122 S. 2 HGB als Gegenrecht aber dann nicht geltend gemacht werden (i.S.e. Leistungs-[Auszahlungs-]verweigerungsrechts der Gesellschaft), soweit (Vorliegen gewichtiger Gründe, die eine Leistungsverweigerung rechtfertigen in Bezug auf die besondere Bedeutung des Gewinnauszahlungsanspruchs für den Gesellschafter)
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die Auszahlung zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht oder |
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der Gesellschafter seinen vereinbarten Beitrag trotz Fälligkeit nicht geleistet hat. |
Voraussetzung dieses Gegenrechts sind jedoch (wie bisher) "gewichtige Gründe".
Bei einer noch offenen Einlageschuld bedarf es keiner Zurückbehaltung (bzw. einer Aufrechnung), da § 120 Abs. 2 HGB auch in Bezug auf noch ausstehende Einlageleistungen wirkt.
Beachte:
"Übersteigende Gewinne können ausgezahlt werden", wodurch der Gesellschafter veranlasst werden soll, seinen Beitragspflichten nachzukommen.