Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 729
Die Zahlung des geschuldeten Unterhalts lässt den Unterhaltsanspruch nach § 362 BGB erlöschen, wenn sie erfolgt, bevor dem Unterhaltsberechtigten für den betreffenden Monat Sozialhilfe geleistet worden ist. Der Anspruch kann dann nicht mehr auf den Sozialhilfeträger übergehen.
Ansprüche auf Sozialhilfe wie auf Unterhalt richten sich auf Geldleistungen. Deshalb werden sie erst mit Eingang der Zahlung auf dem Konto des Anspruchsinhabers befriedigt. Aus diesem Grund reicht es nicht aus, wenn die Unterhaltszahlung, selbst für den Fall rechtzeitiger Absendung erst nach Eingang der Sozialhilfeleistung, wenn auch noch im Laufe desselben Monats oder gar im nächsten Monat bei dem Leistungsberechtigten eingeht.
Da der Unterhaltspflichtige bei verspäteter Zahlung an einen Nichtberechtigten leistet, wird er dadurch nicht von seiner Unterhaltspflicht befreit. Allerdings muss der Sozialhilfeträger die Zahlung nach §§ 412, 407 Abs. 1 BGB gegen sich gelten lassen, wenn sie in Unkenntnis der bereits für den betreffenden Monat erbrachten Sozialhilfeleistung erbracht ist.
§ 92 Abs. 1 S. 2 SGB XII hat daher im Wesentlichen nur Bedeutung für die Zukunft. Er stellt klar, dass der Unterhaltspflichtige durch rechtzeitige Zahlung des Unterhaltes den Übergang des Unterhaltsanspruches auf den Sozialhilfeträger selbst dann verhindern kann, wenn dieser bereits Unterhaltsklage erhoben oder sogar einen Vollstreckungstitel erwirkt hat.
Unterhaltsansprüche innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft: Diese Regelung entspricht § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XII, demzufolge das Einkommen der Angehörigen einer Bedarfs-gemeinschaft bereits bei Prüfung der Bedürftigkeit des Hilfesuchenden berücksichtigt wird. Zu beachten ist, dass die Ausschlussregelung Unterhaltsansprüche von nur in Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 36 SGB XII lebenden Personen nicht erfasst.
Der Ausschluss des Anspruchsübergangs ändert nichts daran, dass die Unterhaltsansprüche zwischen Großeltern und Enkeln (Verwandten im zweiten Grad) und zwischen Verwandten entfernterer Grade fort bestehen.
Unterhaltsansprüche einer Schwangeren oder eigener leiblicher Kinder bis zur Vollendung ihres 6. Lebensjahres betreuenden Kindes gegen seine Eltern: Auf das Alter des schwangeren oder ein eigenes Kind betreuenden Kindes kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob es sich in einer Schwangerschaftskonfliktlage befindet, oder ob es erwerbstätig ist oder ob es sein eigenes Kind allein, mit Hilfe des anderen Elternteils oder sonstiger Dritter betreut. Entscheidend ist nur, dass es einen wichtigen Teil der Betreuung leistet und die Hauptverantwortung dafür trägt. Der Ausschluss wirkt nur zugunsten der Eltern des Kindes, also ggf. auch zugunsten der Eltern des Kindesvaters, wenn dieser sein eigenes Kind betreut. Von der Regelung begünstigt wird weder der Ehegatte des Kindes noch der dem Kind nach § 1615l BGB Unterhaltspflichtige.
Unterhaltsansprüche gegenüber Eltern und Kindern bei Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII: Der Ausschluss des Anspruchsüberganges bei Bezug von Grundsicherungen im Alter und bei Erwerbsminderung betrifft nicht Unterhaltsansprüche von Ehegatten und Lebenspartnern in intakter Ehe, von getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, von Lebenspartnern in gelebter Beziehung, nach Trennung oder gerichtlicher Auflösung ihrer Partnerschaft oder von Partner einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft. Leben diese Personen nicht voneinander getrennt, bilden sie nach §§ 19 Abs. 1 und 2, 42 Abs. 1 SGB XII eine Bedarfsgemeinschaft. Für ihre Unterhaltsansprüche gegenüber ihrem Partner bzw. ihrer Partnerin gelten dann der Ausschlussgrund des § 94 Abs. 1 S. 3, 1. Hs. 1. Alt. SGB XII.
Rz. 730
Ohne Bedeutung ist, ob der Tatbestand des § 94 Abs. 1 S. 3, 2. Hs. SGB XII wegen der im Vergleich zum Unterverhältnis zwischen Eltern und Kindern geringeren unterhaltsrechtlichen Verantwortlichkeit dieser entfernteren Verwandten füreinander auch Unterhaltsansprüche zwischen Großeltern und Eltern und Enkel erfasst.
Würde diesen bedürftigen Personen mit Rücksicht auf den Wortlaut von § 43 Abs. 2 SGB XII Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung verweigert, hätten sie Ansprüche auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. SGB XII, die den Leistungen der Grundsicherung nach § 42 SGB XII entspricht. In diesem Fall würde der Ausschlusstatbestand des § 94 Abs. 1 S. 3 1. Hs. 2. Alt. SGB XII (Verwandtschaft ab dem zweiten Grad) eingreifen.
Zu beachten ist, dass § 92 Abs. 1 S. 3, 2. Hs. SGB XII den Übergang von Unterhaltsansprüchen zwischen Eltern und Kindern nur insoweit ausschließt, als der leistungsberechtigte Grundsicherungsleistungen bezieht...