Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1895
Nach § 1581 BGB hat der Verpflichtete in einem Mangelfall insoweit Unterhalt zu leisten, als dies mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten der Billigkeit entspricht. Der Stamm des Vermögens ist dann nicht zu verwerten, wenn die Verwertung unwirtschaftlich ist oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse unbillig wäre (§§ 1577 Abs. 1 und 3, 1581 S. 2, 1602 Abs. 1, 1603 Abs. 2 S. 3 BGB).
Rz. 1896
Billigkeitsunterhalt ist dann festzustellen und zu berechnen, wenn (1) ein Mangelfall vorliegt und (2) auch nach Ausscheiden nachrangiger Berechtigter die Deckungsmasse zur Befriedigung der vollen Unterhaltsansprüche der vorrangig Berechtigten und des Verpflichteten nicht ausreicht. Schließlich (3) dürfen keine leistungsfähigen Verwandten vorhanden sein, die in Höhe des Fehlbedarfs in Anspruch genommen werden können. So haftet beispielsweise ein nachrangiger Verwandter ersatzweise bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit (§ 1603 BGB) des vor ihm haftenden Verwandten, § 1607 Abs. 1 BGB.
Rz. 1897
Als Folge des Mangelfalls ist der Unterhalt gemäß § 1581 BGB auf einen Billigkeitsunterhalt zu kürzen.
Die Kürzung setzt eine Billigkeitsabwägung voraus, die eine Neubewertung sowohl im Sollbereich (Bedarfsbereich) als auch im Haben-Bereich (Deckungsmasse) zur Folge hat.
Rz. 1898
Eine Neubewertung und Änderung im Bereich der Deckungsmasse kann die folgenden Positionen betreffen:
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Gesteigerte Erwerbsobliegenheit beider Ehegatten: Im Mangelfall können fiktive Einkünfte zugerechnet werden, wenn eine zumutbare Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt wird; |
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Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit: Solche Einkünfte können im Mangelfall ganz oder teilweise zugerechnet werden; |
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Freiwillige Zuwendungen Dritter: Zuwendungen Dritter können im Mangelfall zu Einkünften gezählt werden; |
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Konkreter Nachweis von Aufwendungen erforderlich: Die Anforderungen an die Notwendigkeit von Aufwendungen sind erschwert; |
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Vermögensverwertung: Die Verteilungsmasse kann durch eine erst im Mangelfall zumutbare Vermögensverwertung erhöht werden. |
Rz. 1899
Neubewertung und Änderung im Bedarfsbereich:
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Gesteigerte Erwerbsobliegenheit: Unterlassene zumutbare Erwerbstätigkeit kann zur Zurechnung fiktiver Einkünfte führen, die den Bedarf mindern; |
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Unzumutbare Erwerbstätigkeit: Solche Einkünfte können im Mangelfall nach § 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB über das bisherige Maß hinaus oder auch voll bedarfsmindernd eingesetzt werden; |
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Freiwillige Zuwendungen Dritter: Eine Zurechnung ist im Mangelfall möglich: |
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Aufwendungen: Im Mangelfall hat auch der Berechtigte bei Erwerbseinkünften berufsbedingte Aufwendungen konkret nachzuweisen, wobei die Anforderungen an die Notwendigkeit der Aufwendungen erschwert sind; |
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Verbindlichkeiten: Im Mangelfall ist zu überprüfen, ob und in welcher Höhe eine Berufung auf Verbindlichkeiten unter den verschärften Anforderungen noch möglich ist. |
Rz. 1900
Kommt es aufgrund der Billigkeitsabwägungen zu einer Neubewertung und damit zu entsprechenden Änderungen, ist der Fehlbedarf neu zu berechnen.