Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1167
Auch wenn der Begriff Alter keine festen Grenzen enthält, ist der Tatbestand auf jeden Fall zu bejahen, wenn das Rentenalter erreicht ist, Altersrente bezogen wird.
Dies gilt trotz der Möglichkeit zum Beispiel von Frauen gem. § 39 SGB VI, unter bestimmten Voraussetzungen mit 60 Jahren Altersrente zu beziehen, jedoch nicht vor Vollendung des 65. Lebensjahres.
Rz. 1168
Für die Zeit vorher ist eine Einzelfallprüfung, die Prüfung der Angemessenheit gem. § 1574 Abs. 1, 2 BGB vorzunehmen, subjektiv nach den fünf Kriterien
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berufliche Ausbildung, |
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bei Scheidung vorhandene Fähigkeiten, |
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Gesundheitszustand, |
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Alter und schließlich |
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eheliche Lebensverhältnisse (Dauer der Ehe und Kindesbetreuung). |
Rz. 1169
So hat der BGH einer zu 50 % schwerbehinderten Unterhaltsberechtigten, die bereits im Alter von 63 Jahren in den Ruhestand getreten war, Altersunterhalt zuerkannt, weil von ihr eine Erwerbstätigkeit nicht mehr zu erwarten war.
Eine arbeitsvertragliche Vorruhestandsregelung ist unschädlich, wenn sich dadurch das Einkommen der Berechtigten nicht verändert. Nimmt der Arbeitnehmer ein Altersteilzeitmodell – verbunden mit geringeren Einkünften – in Anspruch, kann dies eine Obliegenheitspflichtverletzung im Sinne des § 1574 Abs. 1, Abs. 2 BGB sein.
Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich der Berechtigte erst nach Trennung und/oder Scheidung ohne besondere, am Einzelfall zu prüfende Gründe, hierfür entscheidet. Anderes gilt dann, wenn die Entscheidung zur Altersteilzeit gemeinsam mit dem Ehepartner getroffen worden ist oder aber gesundheitliche Gründe beim Berechtigten zur – krankheitsbedingten – Verminderung der Erwerbstätigkeit zwingen. Ist z.B. ein zu 50 % schwerbehinderter Unterhaltsberechtigter im Alter von 63 Jahren in den Ruhestand getreten, ist eine Erwerbstätigkeit nicht (mehr) zu erwarten. Es besteht dann ein Anspruch auf Altersunterhalt.
Rz. 1170
Besondere Altersgrenzen für bestimmte Berufsgruppen, z.B. für Piloten und Soldaten, bestimmen sich ausschließlich nach dem öffentlichen Interesse. Davon unabhängig ist allein unterhaltsrechtlich zu bewerten, ob neben dem Rentenbezug eine Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann oder ab diese etwa wegen körperlichen Verschleißes ausscheidet.
Rz. 1171
Freiberufler (Rechtsanwälte, Ärzte etc) oder Unternehmer kennen keine Altersgrenzen. Gleichwohl ist die Regelaltersgrenze von 65 Jahren dafür entscheidend, dass Einkünfte, die im Anschluss erzielt werden, überobligatorisch sind und grundsätzlich nicht für die Unterhaltsberechnung anzusetzen sind.
Dasselbe gilt für Notare, für die eine Altersgrenze von 70 Jahren gilt. Zwischen dem 65. und dem 70. Lebensjahr aus der Notartätigkeit erzielte Einkünfte sind zur Berechnung von Unterhaltsansprüchen nicht einzusetzen. Eine – derzeit vorgesehene – Heraufsetzung der Regelaltersgrenze in Stufen bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres führt zu einer entsprechenden Angleichung.
Rz. 1172
Ausnahmsweise ist eine Anrechnung der Einkünfte nach Eintritt in das Rentenalter möglich, wenn
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wegen geringer Altersvorsorge die Weiterführung der Arbeitstätigkeit ohne hin notwendig und/oder geplant war oder |
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eine Erwerbstätigkeit ohnehin fortgeführt worden wäre. |
Rz. 1173
Im Falle nach dem Alter des Berechtigten noch vorhandener Erwerbsverpflichtung gilt:
Objektiv ist zu prüfen, ob für eine nach den subjektiven Maßstäben zumutbare Tätigkeit eine reale Beschäftigungschance besteht, ob z.B. ein bestimmter Beruf im Alter noch ausgeübt werden kann.
Subjektiv ist die Gesamtentwicklung beider Parteien bis zum Einsatzzeitpunkt zu betrachten.
Die subjektive Betrachtung ist immer eine Frage des Einzelfalles. Die grundsätzliche Eigenverantwortung nach § 1569 BGB erlegt z.B. auch einer über 50-jährigen Frau auf, selbst dann Arbeitstätigkeit zu suchen, wenn sie 20 Jahre lang nur Hausfrau war.
Unter Umständen kann eine Teilzeitbeschäftigung verlangt werden.
Rz. 1174
Hinweis
Bei Altersunterhalt ist immer die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung gem. § 1578b BGB zu prüfen, da vor allem die Belange gemeinschaftlicher Kinder keine Rolle mehr spielen (sollten).
Bei einer "Altersehe" von lediglich kurzer Dauer ist ebenso die Möglichkeit eines Ausschlusses nach § 1579 Nr. 1 BGB zu prüfen.