Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Tod vor Rechtshängigkeit
Rz. 857
Mit der Einreichung des Scheidungsantrags wird die Scheidung anhängig.
Stirbt der Antragsgegner vor Zustellung des von seinem Ehepartner eingereichten Scheidungsantrags, also vor Rechtshängigkeit des Verfahrens, ist der Scheidungsantrag unzulässig und damit zurückzunehmen, weil es an einem Beteiligten fehlt.
Geschieht dies nicht, wird das Familiengericht den Antrag als unzulässig abweisen. Einer Kostenentscheidung des Gerichts bedarf es in diesem Fall nicht, da es an einem Gegner fehlt, der die Kostenerstattung fordern könnte.
Rz. 858
Stirbt der Antragstellernach Einreichung des Scheidungsantrags, hat die Zustellung zu unterbleiben. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da eine Kostenerstattungspflicht vor Zustellung nicht besteht.
Wird die Zustellung z.B. aus Unkenntnis des Gerichts über das Versterben des Antragstellers gleichwohl vorgenommen, liegt keine Erledigung der Hauptsache i.S.v. § 131 FamFG vor. Die Erben haben den Antrag zurückzunehmen.
Geschieht dies nicht, ist der Antrag mangels Existenz des Antragstellers abzuweisen. Das Verfahren wird nicht gem. § 113 FamFG, § 239 ZPO unterbrochen, da ein Scheidungsantrag nur durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden kann und deshalb für den verstorbenen Antragsteller ein Bevollmächtigter i.S.v. § 246 Abs. 1 ZPO vorhanden sein muss.
Rz. 859
Auf Antrag des Bevollmächtigten des verstorbenen Antragstellers, aber auch auf Antrag des Antragsgegners, wird das Verfahren gem. § 113 Abs. 1 FamFG, § 246 ZPO ggf. ausgesetzt. Der Erbe hat dann die Möglichkeit der Aufnahme des Verfahrens und der Rücknahme des Antrags.
Besteht auf Seiten des verstorbenen Antragstellers eine Erbengemeinschaft, kann jeder Miterbe das Verfahren aufnehmen, § 2039 Satz 2 BGB.
b) Tod nach Rechtshängigkeit
Rz. 860
Tritt der Tod eines Ehegatten nach Zustellung des Scheidungsantrags, aber vor Rechtskraft der Scheidung ein, ist gem. § 131 FamFG die Hauptsache erledigt. Die Vorschrift stellt eine Ausnahme zu der regelmäßigen Folge des Todes eines Beteiligten im familiengerichtlichen Verfahren nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 239 ZPO dar, wonach das Verfahren lediglich unterbrochen wäre. Dies ist in den besonderen höchstpersönlichen Rechtsbeziehungen der Eheleute zueinander begründet.
aa) Erledigung der Ehesache
Rz. 861
Zur Erledigung der Hauptsache bedarf es keiner entsprechenden Erklärung des überlebenden Ehegatten. Sie tritt von Gesetzes wegen ein. Wegen der Verfahrenskosten, über die zu entscheiden ist, setzt sich das Verfahren sodann zwischen dem Ehegatten und den Erben des Verstorbenen fort. Die Kosten sind gegeneinander aufzuheben, § 150 Abs. 2 S. 2 Alt. 3 FamFG.
Rz. 862
Als unzulässig kann das Gericht den Scheidungsantrag aber in jedem Verfahrensstand zurückweisen. § 131 FamFG hindert das Gericht lediglich an einer Sachentscheidung.
Demgemäß können die Erben das Verfahren auch mit dem Ziel aufnehmen, den Scheidungsantrag als unzulässig abweisen zu lassen.
Rz. 863
Die Rücknahme der Beschwerde gegen den Beschluss, die noch von dem sodann verstorbenen Ehegatten eingelegt worden war, ist den Erben jedoch nicht möglich. Das Ergebnis wäre die Auflösung der Ehe. Dies ist mit dem Zweck des § 131 FamFG nicht vereinbar.
Rz. 864
Bei berechtigtem rechtlichem Interesse des überlebenden Ehegatten kann das Familiengericht die Erledigung der Hauptsache durch Beschluss feststellen. Das ist insbesondere bei Zweifeln über die Existenz einer rechtskräftigen Scheidung möglich. Dies ist naturgemäß der Fall, wenn, wie in einem vom OLG Zweibrücken entschiedenen Fall, auf die zunächst eingetretene und auf der Ausfertigung des Scheidungsbeschlusses bestätigte Rechtskraft der Scheidung einer der beteiligten Ehegatten stirbt, der Überlebende, gestützt auf die Bewilligung der rechtzeitig beantragten Verfahrenskostenhilfe, die Regelung des Versorgungsausgleichs mit der befristeten Beschwerde angreift und ihm insoweit wegen Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden ist mit der Folge der rückwirkenden Beseitigung der Rechtskraft nach § 145 Abs. 1 FamFG.