Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 2042
1. Die vorstehenden Ausführungen zur Frage der Inhaltskontrolle von Eheverträgen gelten nicht nur für vorsorgende Verträge oder Eheverträge zu Beginn einer Ehe, sondern finden ihre Anwendung auch im Bereich der sog. Trennungsvereinbarungen und Scheidungsfolgenverträge, welche ebenfalls in gleicher Weise bei gerichtlicher Auseinandersetzung überprüft werden.
2. Prüft ein Verfahrensbevollmächtigter etwa im Rahmen erster Beratung die Wirksamkeit eines Ehevertrages und kommt er zu dem Schluss, die Regelungen seien anfechtbar, so wird nur im Ausnahmefall ein eigenständiges Feststellungsinteresse bestehen, die auf Sittenwidrigkeit beruhende Unwirksamkeit eines Ehevertrages mit der Feststellungsklage im Sinne von § 256 ZPO (auch als Zwischenfeststellungsklage) geltend machen zu können.
Das Feststellungsinteresse dürfte allerdings zusätzlich nur im Falle der Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens bestehen.
Rz. 2043
Grundsätzlich ist die Prüfung der Wirksamkeit oder auch der Notwendigkeit einer Abänderung bestimmter Vereinbarungen innerhalb eines Ehevertrages ausschließlich inzidenter bei Geltendmachung von Ansprüchen möglich, die etwa den vereinbarten Regeln entgegenstehen.
Soweit nachehelicher Unterhalt oder güterrechtliche Fragen betroffen sind, kann bei generellen Verzichtserklärungen im Wege des Stufenantrags auf Auskunft, auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sowie auf Leistung nach erteilter Auskunft geklagt werden, wobei inzident mit dieser Stufenklage vom Gericht die Unwirksamkeit des Ehevertrages – sei es im Rahmen der Wirksamkeits- oder Ausübungskontrolle – überprüft wird.
Sind Fragen im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich betroffen, ist seitens des Gerichtes ein solcher Verzicht von Amts wegen zu prüfen, wobei hier allerdings die "Anregung" des benachteiligten Ehepartners darin liegt, dass er alle Umstände vorzutragen hat, weshalb auch in dieser Regelung eine einseitige Belastung unter Berücksichtigung des Gesamtvertrages zu sehen ist.
Rz. 2044
Es bleibt festzustellen, dass auch in den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs das Prinzip der Vertragsfreiheit und damit das Recht der Eheleute, sich eine eigenständige Eheordnung zu geben, nicht "beseitigt" oder durch entsprechende Vorgaben so unterlaufen worden wäre, dass es keinen Sinn machen würde, Eheverträge abzuschließen.
Eheverträge sind also durchaus sinnvoll und, wie die Praxis belegt, auch notwendig.
Wesentlich muss es jedoch darum gehen, zum einen unwirksame, auf namentlich subjektiver Imparität beruhende Eheverträge zu vermeiden. Zum anderen muss Vorsorge für möglicherweise im Laufe des Zusammenlebens der Beteiligten veränderte Verhältnisse geschaffen werden. Bei einer solchen "antizipierten Ausübungskontrolle" der Rechtsanwält:in sind zwei Bereiche zu beachten:
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Die geplante Lebensführung der Beteiligten ist zu erfragen und den Vereinbarungen textlich beizufügen. |
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Ggf. sind Alternativen für den Fall des Eintritts bestimmter Bedingungen, beispielsweise der Fall eigener Kinder oder einer entsprechenden Adoption, zu erörtern und einzufügen. |
In jedem Fall sind nicht nur anwaltlich zuvor umfangreiche Ermittlungen anzustellen, sondern die Beteiligten bei Abschluss eines Ehevertrages über die Konsequenzen sich ändernder Verhältnisse aufzuklären.