Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 198
Ein Kind kann seinen Eltern Unterhalt schulden, wenn ein nicht gedeckter Restbedarf der Eltern vorhanden ist.
Dies ist in der Regel bei selbstständig wohnenden Eltern(teilen) nicht der Fall, da durch Rente und ggf. durch Leistungen der Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, §§ 41 ff. SGB XII, der Bedarf gedeckt ist.
Anders ist dies bei einer Pflege im Heim. Eigeneinkommen und Versicherungsleistungen mindern ggf. den Bedarf der Eltern. Es verbleibt aber häufig ein ungedeckter Betrag.
a) Eigenbedarf des unterhaltspflichtigen Kindes
Rz. 199
Konkurriert ein solcher Anspruch mit demjenigen der jetzigen Familienmitglieder des unterhaltspflichtigen Kindes, ist der Familienunterhalt zunächst vollständig in Geld zu veranschlagen.
Sämtliche Ansprüche der jetzigen Familie, also der minderjährigen und volljährigen Kinder, des Ehegatten und auch eines früheren Ehegatten, gehen den Elternansprüchen vor, § 1609 Nr. 1 bis 4 BGB.
Der angemessene Selbstbehalt, der dem Pflichtigen sodann verbleiben muss, beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle 1.650 EUR.
Dieser Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes erhöht sich um 50 %, bei Vorteilen des Zusammenlebens um 45 % des den Selbstbehalt übersteigenden Einkommens.
b) Bedarf des zusammenlebenden Ehegatten
Rz. 200
Der Ehegatte ist seinen Schwiegereltern gegenüber nicht unterhaltspflichtig. Im Hinblick auf deren nachrangige Unterhaltsansprüche muss der Ehegatte deshalb keine Schmälerung seines angemessenen Bedarfs hinnehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Unterhaltsverpflichteten mehr oder aber weniger verbleibt, als seinem Ehegatten zur Verfügung steht. Der Pflichtige schuldet seinem Ehegatten den eheangemessenen Unterhalt.
Gegenüber seinen Eltern muss er nur diejenigen Mittel einsetzen, die er zur Deckung seines eigenen angemessenen Unterhalts im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB nicht benötigt. Deshalb steht dem Ehegatten grundsätzlich in Höhe der Hälfte der beiderseitigen Einkünfte der Familienunterhalt zu.
Rz. 201
Unabhängig von der Höhe der gemeinsamen Einkünfte ist jedoch das Einkommen vor hälftiger Teilung um die regelmäßig entstehende Ersparnis zu bereinigen, die durch Führung eines gemeinsamen Haushalts entsteht.
Der BGH hat die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung, soweit sie nicht in dem niedrigeren Selbstbehalt des Ehegatten zum Ausdruck kommt, mit 1/10 des den Familienselbstbehalt übersteigenden Einkommens angenommen. Zu Recht hat sich die Rechtsprechung zur Begründung auf § 20 SGB II (§ 20 Abs. 3 SGB II a.F., nunmehr § 20 Abs. 4 SGB II) berufen, wonach die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Fällen des Zusammenlebens 90 % der Regelleistung eines Alleinstehenden beträgt.
c) Berechnung des Elternunterhalts
Rz. 202
Die Berechnung des anteiligen Familienunterhalts und damit des für den Elternunterhalt einsetzbaren Betrages erfolgt nach der Rechtsprechung des BGH in der Weise, dass von dem zusammengerechneten Einkommen der Ehegatten (Familieneinkommen) der Familienselbstbehalt von (derzeit) 3.300 EUR abgezogen wird. Zur Ermittlung des Familienbedarfs wird das verbleibende Einkommen um die Haushaltsersparnis von in der Regel 10 % vermindert. Die Hälfte des sich ergebenden Betrages zzgl. des Familienselbstbehalts ist der individuelle Familienbedarf, zu dem der Unterhaltspflichtige entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten beizutragen hat. Die Differenz zwischen seinem Einkommen und seinem Anteil am Familienunterhalt kann der Unterhaltspflichtige für den Elternunterhalt einsetzen.
Rz. 203
Beispiel bei höherem Einkommen des Unterhaltspflichtigen
Einkommen des Unterhaltspflichtigen |
3.000 EUR |
Einkommen der Unterhaltsberechtigten |
1.000 EUR |
Familieneinkommen |
4.000 EUR |
abzgl. Familienselbstbehalt |
3.300 EUR |
|
700 EUR |
abzgl. 10 % Haushaltsersparnis |
70 EUR |
|
630 EUR |
davon ½ |
315 EUR |
zzgl. Familienselbstbehalt |
3.300 EUR |
individueller Familienbedarf |
3.615 EUR |
Anteil des Unterhaltspflichtigen (75 %) |
2.711 EUR |
Einkommen des Unterhaltspflichtigen |
3.000 EUR |
abzgl. |
2.711 EUR |
für den Elternunterhalt einsetzbar |
289 EUR |
Rz. 204
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass diese Methode der Berechnung nur bei mittleren und – gemäßigt – gehobenen Familieneinkünften herangezogen werden kann. Bei solchen Einkommensverhältnissen könne man davon ausgehen, dass rund 1/10 der gemeinsamen Nettoeinkünfte durch das Zusammenleben eingespart und demgemäß für den Familienunterhalt nicht verwendet werden oder jedenfalls nicht verwendet werden müssen.
In der Tat ist namentlich bei hohen Einkünften, etwa oberhalb des Bereichs des Höchsteinkommensbetrages nach der Düsseldorfer Tabelle fraglich, ob die Ersparnis tatsächlich kontinuierlich mit der Steigerung des Einkommens zunimmt. Zu Recht wird deshalb gefordert, den Familienunterhalt in solchen Fällen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu bemessen.
Rz. 205
Auch bei niedrigem Einkommen des Unterhaltspflichtigen kann sich in der Berechnun...