Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1911
Das unterhaltsrechtlich zu bestimmende Einkommen wird grundsätzlich berechnet durch Abzug von
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berufsbedingten Aufwendungen, |
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Betriebsausgaben und sonstigen Werbungskosten, |
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von Vorsorgeaufwendungen und |
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zu zahlenden Steuern. |
Bei begrenzter Leistungsfähigkeit sind an die Möglichkeit des Abzugs dieser Positionen erhöhte Anforderungen zu stellen. Dabei sind im Einzelfall die konkreten Abzugsposten auf ihre unbedingte Notwendigkeit zu überprüfen.
Rz. 1912
Zu einzelnen typischen Abzugsposten im Einzelnen:
Bei nicht Selbstständigen sind berufsbedingte Aufwendungen anzusetzen. In erster Linie werden hier die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz berechnet. Allerdings können berufsbedingte Aufwendungen auch Arbeitsmittel oder Fachliteratur sein. Ebenso stellen Beiträge zu Berufsverbänden, Fortbildungskosten und eventuell Kosten der doppelten Haushaltsführung, z.B. bei vorübergehender weiter entfernt liegender Arbeitstätigkeit berufsbedingte Aufwendungen dar.
Rz. 1913
Diese Aufwendungen werden aus Vereinfachungsgründen pauschaliert und mit 5 % des Nettoeinkommens angenommen. In den verschiedenen Leitlinien der Oberlandesgerichte werden die Pauschalen nach oben begrenzt, z.B. mit einer Obergrenze von 150 EUR.
Rz. 1914
Im Mangelfall bestehen erhöhte Anforderungen an die Notwendigkeit solcher Abzüge. Derjenige, der sich auf einen solchen Abzug beruft, wird im Mangelfall darzulegen und zu beweisen haben, dass der Abzug der 5 % – Pauschale erforderlich ist und tatsächlich Aufwendungen in dieser Höhe anfallen.
Im Mangelfall kann auch zumutbar sein, statt des eigenen Pkw öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Bei hohen Fahrtkosten kann auch ein Umzug zumutbar sein.
Rz. 1915
Bei Selbstständigen, Unternehmern und Freiberuflern, bestehen im Mangelfall erhöhte Anforderungen an die Notwendigkeit von Betriebsausgaben. Auch betriebliche Investitionen sind zu überprüfen und stille Reserven ggf. zu reaktivieren.
Rz. 1916
Ansparabschreibungen (ausführlich siehe oben § 1 Rdn 360 ff.) nach § 7g EStG sind zu unterlassen. Mit der Ansparabschreibung erhalten kleine und mittlere Betriebe die Möglichkeit, für neue bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die sie voraussichtlich in den nächsten 2 Jahren anschaffen oder herstellen wollen, eine gewinnmindernde Rücklage zu schaffen. Die Ansparabschreibung erfolgt durch Bilanzierung oder bei kleineren Betrieben durch Ansatz einer fiktiven Betriebsausgabe, § 7g Abs. 6 EStG. Eine solche Gewinnminderung ist im Mangelfall nicht möglich.
Rz. 1917
Unternehmer und Freiberufler können durch Abschluss von Versicherungen Vorsorge für das Alter treffen. Soweit der Berechtigte wegen des Mangelfalls keinen Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen bekommen kann, ist auch dem Selbstständigen zuzumuten, seine Altersversorgung zu reduzieren.
Dies gilt bei abhängig Beschäftigten auch für zusätzliche Absicherungen durch Versicherungen und Riester-Rente.
Rz. 1918
Steuerfreibeträge sind im Mangelfall wahrzunehmen. Der Betroffene unterliegt einer noch verschärften Verpflichtung, alle nur möglichen laufenden Steuerentlastungen wahrzunehmen durch Eintragung entsprechender Freibeträge auf der Steuerkarte. Unterlässt er dies, ist sein Einkommen um die fiktive Steuerersparnis zu erhöhen.
Rz. 1919
Steuerberaterkosten sind im Mangelfall nur im Ausnahmefall dann anzuerkennen, wenn es aus der Sicht eines objektiven Dritten unmöglich erscheint, dass die Steuererklärung, ggf. auch mit Hilfe von preiswerteren Steuerhilfevereinen, ohne Inanspruchnahme eines Steuerberaters abgegeben werden kann.