Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1188
Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Umstände, die dem Berechtigten im konkreten Fall wegen Alters keine Erwerbstätigkeit mehr gestatten, träft der Unterhaltsberechtigte. Die Darlegungs- und Beweislast bezieht sich auch auf den maßgeblichen Einsatzzeitpunkt.
Die daran zu knüpfenden Anforderungen dürfen zwar nicht überspannt werden; es ist aber glaubhaft und nachvollziehbar darzulegen, warum z.B. ungeachtet des Alters keine Beschäftigungschance bestand. Der alleinige Hinweis auf das Alter reicht jedenfalls nicht aus.
Rz. 1189
Behauptet der Pflichtige, der Unterhaltsberechtigte müsse über die Regelaltersgrenze hinaus einer Erwerbstätigkeit nachgehen, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die einen solchen Ausnahmefall begründen sollen.
Rz. 1190
Für die Begrenzung des Unterhalts gilt: Da § 1578b BGB prozessuale Einwendungen betreffen, mittels derer der Unterhaltsschuldner seine Unterhaltspflicht bekämpft, trägt der Unterhaltspflichtige grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, dass dem Unterhaltsberechtigten keine ehebedingten Nachteile im Sinne von § 1578b BGB entstanden sind und deshalb eine Befristung oder höhenmäßige Begrenzung des Unterhalts vorzunehmen ist.
Rz. 1191
Da es sich hierbei jedoch um Tatsachen handelt, die – insbesondere was die hypothetische berufliche Entwicklung des Unterhaltsberechtigten ohne die Ehe angeht – in den persönlichen Wahrnehmungs- und Erfahrungsbereich des Unterhaltsberechtigten fallen, würde eine uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast des Pflichtigen hinsichtlich solcher Tatsachen zu seiner unbilligen Belastung führen. Denn er müsste dann sämtliche auch nur theoretisch denkbaren und nicht näher bestimmten Nachteile des Berechtigten widerlegen, die aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe möglicherweise entstanden sind. Daher muss die ihm obliegende Darlegungs- und Beweislast Erleichterung erfahren, wie die Rechtsprechung für den Beweis negativer Tatsachen entwickelt hat.
Danach trifft den Prozessgegner einer für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei eine sogenannte sekundäre Darlegungslast. Dessen Darlegungen müssen danach so konkret sein, dass der beweisbelasteten Partei eine Widerlegung möglich ist.
Rz. 1192
Hat also der Unterhaltspflichtige – im Rahmen seiner primären Darlegungslast – Tatsachen vorgetragen die – wie etwa die Wiederaufnahme einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit in dem vom Unterhaltsberechtigten erlernten und/oder vor der Ehe ausgeübten Beruf – einen Wegfall ehebedingter Nachteile und damit eine Begrenzungsmöglichkeit nach § 1578b BGB nahe legen, so muss nunmehr der Unterhaltsberechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es lägen keine ehebedingten Nachteile vor, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sind, die – etwa trotz der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit – die Fortdauer wesentlicher ehebedingter Nachteile belegen und deshalb gegen eine zeitliche oder höhenmäßige Unterhaltsbeschränkung oder für eine längere, dem Unterhaltsberechtigten zu gewährende Schonfrist sprechen.
Rz. 1193
Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden.
Dabei handelt es sich nicht um eine Umkehr der Beweislast zu Lasten des Unterhaltsberechtigten, sondern lediglich um eine Verlagerung der Darlegungslast, um unbillige prozessuale Nachteile für den Unterhaltspflichtigen zu vermeiden.