Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1221
Der Berechtigte trägt die Darlegungs- und Beweislast für seine krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit.
Die Prüfung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Erkrankung und der nicht Erwerbstätigkeit erfolgt unter strengen Maßstäben. Der Berechtigte muss im Einzelnen die Krankheiten, an denen er leidet, angeben und vortragen, inwiefern sich diese auf seine Erwerbsfähigkeit auswirken und hierzu Art und Umfang seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Leiden darstellen.
Rz. 1222
Erhält der Anspruchsteller bereits eine Erwerbsunfähigkeitsrente wegen voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 2 SGB VI) oder ist er vollständig dienstunfähig (§ 42 BeamtVG), wirkt dies indiziell für das Vorliegen einer Krankheit im Sinne des § 1572 BGB.
Wenn sich der Unterhaltsberechtigte darauf beruft, aufgrund Erkrankung nicht zu einer Erwerbstätigkeit in der Lage zu sein, kann dies nicht pauschal mit der Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt werden. Vielmehr wird bereits zu dem konkreten Sachvortrag in der Antragsschrift erforderlich sein, ein detailliertes ärztliches Attest vorzulegen.
Rz. 1223
Hieraus sollte sich nicht pauschaliert eine Arbeitsunfähigkeit ergeben; es sollte detailliert geschildert werden:
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Diagnose, |
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Dauer der Erkrankung, |
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Art der Behandlung, |
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Auswirkungen der Erkrankung auf die Erwerbsfähigkeit, |
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Prognose ob und wann mit einer Genesung zu rechnen ist, |
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welche Maßnahmen (z.B. Reha) erforderlich sind, um eine möglichst rasche Genesung zu ermöglichen. |
Einem lediglich "ins Blaue hinein" gestellten Beweisantrag ist nicht zu folgen.
Rz. 1224
Praxistipp
Wenn ein Rentenantrag wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit noch nicht beschieden ist, kann der Verpflichtete dem Berechtigten ein zins- und tilgungsfreies Darlehen gegen Abtretung des Anspruches auf Rentennachzahlung anbieten. Dies muss der Berechtigte aus den Gesichtspunkten von "Treu und Glauben" nach § 242 BGB annehmen.
Rz. 1225
Zur Darlegungspflicht des Berechtigten gehört auch, dass die entsprechende Lage zu den in Frage kommenden maßgebenden Einsatzzeitpunkten eingetreten ist.
Behauptet umgekehrt der Unterhaltspflichtige die Genesung des Berechtigten, muss er hierzu substantiiert vortragen, um den Fortbestand der Erkrankung in Zweifel zu ziehen. Ein schlichter Verweis beispielsweise auf die Verweigerung der Begutachtung durch den Kranken erfüllt diese Anforderungen nicht. Die Verweigerung der Begutachtung kann gerade auf der schweren Erkrankung (hier Schizophrenie) beruhen.
Das Gericht hat zur Erkrankung und der krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit eigene Feststellungen zu treffen. Trotz vorliegenden privatärztlichen Attests wird in der Regel ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, damit das Gericht eine abschließende sichere Prognose treffen kann.
Rz. 1226
Praxistipp
Ein Unterhaltsberechtigter darf sich nicht auf ein privatärztliches Attest verlassen.
Rz. 1227
Der Unterhaltspflichtige hat einen Auskunfts- und Informationsanspruch über den Krankheits- und Behandlungsverlauf bei dem Berechtigten nach § 242 BGB, und zwar in regelmäßigen Abständen, die sich nach Art und Dauer der Erkrankung richten. Die Auskunft ist je nach Einzelfall spätestens alle sechs bis zwölf Monate zu erteilen.
Der Berechtigte ist in diesem Zusammenhang verpflichtet, Genesungsschritte, die eine volle oder auch nur teilweise Erwerbsfähigkeit nach sich ziehen, unaufgefordert mitzuteilen.