Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1925
Verbindlichkeiten, die unterhaltsrechtlich nicht leichtfertig entstanden und damit berücksichtigungsfähig sind, werden bei der Bedarfsbemessung durch Vorabzug vom prägenden Einkommen berücksichtigt.
Der geschiedene unterhaltsberechtigte Ehegatte muss aber nicht jede Verbindlichkeit gegen sich gelten lassen. Vielmehr muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob es sich um eine berücksichtigungsfähige Schuld handelt.
Rz. 1926
Zu den berücksichtigungsfähigen Schulden gehören insbesondere Darlehen für die Anschaffung von notwendigem Hausrat. In diesem Zusammenhang ist allerdings von Bedeutung, ob die Ehegatten vorher ein Hausratsverteilungsverfahren durchgeführt haben.
Ferner sind beispielsweise zu akzeptieren notwendige Umzugskosten, die mit Darlehen finanziert wurden oder aber auch Anschaffungskosten für einen Pkw, wenn dieser aus beruflichen Gründen benötigt wird und der bisher genutzte Pkw ersetzt werden musste.
Rz. 1927
Im Mangelfall sind allerdings alle Verbindlichkeiten darauf zu überprüfen, ob sie unter Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten noch berücksichtigungswürdig sind. Dies muss im Einzelfall unter Abwägung aller Interessen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nach billigem Ermessen beurteilt werden.
Rz. 1928
Konkrete Umstände, die zu berücksichtigen sind, können beispielhaft sein:
▪ |
Zweck der Verbindlichkeiten, |
▪ |
Zeitpunkt und Art ihrer Begründung, |
▪ |
Kenntnis des Unterhaltsanspruchs zum Zeitpunkt der Eingehung der Verbindlichkeit, |
▪ |
Einvernehmen des anderen – früheren – Ehegatten, |
▪ |
Möglichkeit, den Tilgungsplan zu strecken, |
▪ |
Schutzwürdige Belange von Drittgläubigern, |
▪ |
Möglichkeit des Verpflichteten, auf andere Weise die Leistungsfähigkeit ganz oder teilweise wieder herzustellen, |
▪ |
Möglichkeit des Berechtigten, sich fehlende Mittel durch eigenen Einsatz selbst zu verschaffen. |
Rz. 1929
Ob dem Pflichtigen zuzumuten ist, sich auf Pfändungsfreigrenzen zu berufen oder/und einen Insolvenzantrag zu stellen, ist im Einzelfall zu entscheiden. Die Grundsätze nachehelicher Solidarität, die in der Zahlung von Unterhalt zum Ausdruck kommt, werden aber nur im Ausnahmefall so weit reichen, dass man die mit einem Insolvenzantrag verbundene Einschränkung der Handlungsfreiheit verlangen kann.
Rz. 1930
Schulden, die in Kenntnis der Unterhaltslast einseitig leichtfertig oder die für luxuriöse Zwecke oder aber ohne verständlichen Grund eingegangen wurden, sind nicht zu berücksichtigen. Der Verpflichtete darf sich durch leichtfertiges oder eigensüchtiges Verschulden nicht seiner Unterhaltspflicht entziehen.
Ebenso wenig sind Schulden zu berücksichtigen, die durch laufende Überziehung des Girokontos entstehen. Mit den zur Verfügung stehenden Mitteln ist auszukommen; ggf. ist der laufende Ausgabenbereich zu überprüfen und zu kürzen.