Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1142
Die Rechtsprechung hat in zahlreichen Entscheidungen eine zeitliche Begrenzung des Betreuungsunterhaltsanspruchs abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass es sich bei dem Anspruch nach § 1570 BGB um einen einheitlichen Anspruch handelt.
Rz. 1143
Der BGH hat dazu erklärt, dass dem betreuenden Elternteil ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt für mindestens drei Jahre nach der Geburt mit Verlängerungsmöglichkeit aus kind- und elternbezogenen Gründen zusteht.
Der Trennungsunterhalt während der ersten drei Lebensjahre des Kindes und ein daran anschließender weiterer Betreuungsunterhaltsanspruch bildeten somit einen einheitlichen Unterhaltsanspruch. Nur dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung für die Zeit nach Vollendung des dritten Lebensjahres absehbar keine kind- und elternbezogenen Verlängerungsgründe mehr vorlägen, sei ein Antrag auf künftigen Betreuungsunterhalt abzuweisen.
Rz. 1144
Der Rechtsprechung des BGH wird allerdings auch entgegengehalten, dass sie die gesetzliche Wertung umkehre.
In der Tat steht im Hinblick auf den Betreuungsunterhalt für die ersten drei Lebensjahre des Kindes zum Zeitpunkt der Entscheidung absolut fest, zu welchem Datum der Basisunterhalt Kraft Gesetzes enden wird. Er verlängert sich ausschließlich so lange und so weit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Voraussetzungen dieses verlängerten Betreuungsunterhaltsanspruchs vom Gläubiger darzulegen und zu beweisen.
Rz. 1145
Die Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs aus eltern- oder kindbezogenen Gründen über den Ablauf des dritten Lebensjahres hinaus ist schließlich von der Betreuungsperson, dem Unterhaltsgläubiger, darzulegen. Gelingt diese dezidierte Darlegung des Einzelfalles nicht, ist wegen des Vorrangs der Fremdbetreuung ein Betreuungsunterhaltsanspruch nicht zuzusprechen.
Rz. 1146
Aus diesem Grund werden in der Fachliteratur häufig Checklisten betreffend Unterhalt wegen Kinderbetreuung dringend empfohlen, etwa wie folgt:
Checkliste: Unterhalt wegen Kinderbetreuung
Es kommt entscheidend auf die Umstände des Einzelfalles an.
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Zur Darlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen ist umfassender und detaillierter anwaltlicher Sachvortrag erforderlich. |
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In der anwaltlichen Beratung im Vorfeld muss der Mandant entsprechend informiert und die erforderlichen Sachverhaltsangaben erfragt werden. Dies sollte – schon aus haftungsrechtlichen Gründen – ausreichend dokumentiert werden! |
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Dabei geht es um die folgenden Gesichtspunkte:
- Ob und ggf. in welchem Umfang besteht eine Betreuungsmöglichkeit für das Kind?
- Kindergarten, Hort, Schule,
- Angemessene Betreuung für das Kind,
- Zuverlässigkeit der Betreuungsmöglichkeiten speziell im Hinblick auf die beruflichen Anforderungen des betreuenden Elternteils,
- Bisherige Betreuungsmöglichkeiten,
- Vorsorge für den Krankheitsfall des Kindes und für Ferienzeiten.
- Welche konkreten Bemühungen sind unternommen worden, um das Kind dort unterzubringen und
- welche Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit sind unternommen worden?
- Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsangebots,
- Zumutbarkeit der Erwerbstätigkeit und des konkreten Umfanges,
- Beachtung des Kindeswohls (Entwicklungsstand, persönliches Betreuungsbedürfnis, Problemkind),
- Gesundheit und Belastbarkeit des Elternteils,
- Zeitaufwand für die Erwerbstätigkeit unter Einbeziehung der Anfahrtszeit zum Job und zur Kindesbetreuung.
- Für die Beurteilung von Erwerbschancen ist auf denjenigen Zeitpunkt abzustellen, in welchem die Obliegenheit einsetzt.
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Rz. 1147
Zumindest eine Befristung des Unterhaltstitels betreffend den Basisunterhalt der ersten drei Lebensjahre nach § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB sollte aber möglich sein.
Rz. 1148
Eine Begrenzung des Betreuungsunterhalts der Höhe nach ist allerdings möglich, und zwar vom eheangemessenen Unterhalt nach § 1578 Abs. 1 BGB auf einen angemessenen Unterhalt des Berechtigten nach seiner eigenen Lebensstellung.
In denjenigen Fällen, in denen der Unterhaltsbedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen gem. § 1578 Abs. 1 BGB erheblich über dem angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung des Berechtigten liegt, ist eine Kürzung auf den eigenen angemessenen Unterhalt richtig. Seine Grenze findet diese Absenkung jedoch darin, dass eine Reduzierung nur bis zu einem Mindestbedarf von – derzeit – 960 EUR monatlich erfolgen kann, weil es sich bei diesem Betrag um das Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten handelt, falls dieser nicht erwerbstätig ist.
Rz. 1149
Insgesamt darf aber vor allem das Kindeswohl nicht beeinträchtigt sein. Eine Absenkung ist nur dann angemessen, wenn eine fortdauernde Teilhabe des betreuenden Elternteils an den abgeleiteten Lebensverhältnissen während der Ehe unbillig erscheint.