Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 586
Ab dem 1. des Monats, in welchem ein Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten zugestellt wird, nehmen die Ehegatten nicht (mehr) am Aufbau der Altersversorgung des jeweils anderen teil. Deshalb kann gem. § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB von diesem Zeitpunkt an Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht werden.
Rz. 587
Praxistipp
Der beratende Rechtsanwalt kann sich schadenersatzpflichtig machen, wenn er nicht auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt hinweist.
Rz. 588
Vorsorgeunterhalt wird erst ab Geltendmachung zugesprochen. Verlangt daher der Berechtigte lediglich Quotenunterhalt, kann er die Einforderung von Vorsorgeunterhalt nicht ab Verzug zum Quotenunterhalt für die Vergangenheit geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn der Berechtigte gar nicht wusste, dass er Vorsorgeunterhalt geltend machen kann.
Rz. 589
Hat der Berechtigte allerdings keinen Quotenunterhalt verlangt, sondern nach § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB den Pflichtigen zum Zwecke der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs zur Auskunftserteilung aufgefordert, kann er auch von diesem Zeitpunkt an, soweit die Voraussetzungen vorliegen, Vorsorgeunterhalt verlangen. Dies gilt auch dann, wenn er nicht darauf hingewiesen hat, dass er auch Vorsorgeunterhalt verlangen wolle.
Rz. 590
Ist beispielsweise ein Trennungsunterhaltsverfahren bereits abgeschlossen, liegen jetzt aber die Voraussetzungen zur Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt vor, kann in einem Abänderungsverfahren (§§ 238 ff. FamFG) Vorsorgeunterhalt verlangt werden.
Fordert der Berechtigte Vorsorgeunterhalt, muss er keinerlei Angaben über die Art und Weise der von ihm beabsichtigten Vorsorge machen, muss auch keineswegs angeben, ob er die Anlage durch Abschluss eines Versicherungsvertrages oder durch sonstige Vermögensbildung plant.
Der Berechtigte muss lediglich konkret den Betrag des Vorsorgeunterhalts geltend machen. Weitere Auskunft kann der Verpflichtete nicht verlangen, auch nicht, dass der Vorsorgeunterhalt von ihm unmittelbar etwa an einen Versicherungsträger bezahlt wird. Anderes gilt nur dann, wenn für den Verpflichteten ein begründeter Anlass für die Annahme einer zweckwidrigen Verwendung des Vorsorgeunterhalts besteht.
Da der Verpflichtete für das Vorliegen solcher Anhaltspunkte darlegungs- und beweispflichtig ist, wird bis auf Ausnahmefälle an den Berechtigten direkt gezahlt werden müssen.
Rz. 591
Im gerichtlichen Verfahren besteht für das Gericht keine Bindung an die Benennung der Beträge für Vorsorge einerseits und Elementarunterhalt andererseits. Eine Bindung besteht zwar dahingehend, dass insgesamt nicht mehr zugesprochen werden kann, als verlangt wurde.
Die Unterhaltsbestandteile sind jedoch angemessen zu verteilen. Hierfür spielt auch der Rang des Unterhalts eine Rolle. Da Altersvorsorgeunterhalt nachrangig ist, ist namentlich im Mangelfall eine Verteilung zunächst auf den Elementarunterhalt und den Krankenvorsorgeunterhalt vorzunehmen.
aa) Höhe des Vorsorgeunterhalts
Rz. 592
Bezüglich der Höhe des Vorsorgeunterhalts hat sich in der Praxis die Bemessung nach dem Elementarunterhalt, der dem Berechtigten zusteht, durchgesetzt.
Am verbreitetesten in der Praxis ist das vom OLG Bremen in der Bremer Tabelle entwickelte Verfahren.
Die Berechnung des Altervorsorgeunterhalts erfolgt mit Hilfe der Bremer Tabelle zweistufig.
Schritt 1:
Aus dem bereinigten Nettoeinkommen ist der Elementarunterhalt zu ermitteln. Hiernach erfolgt die Hochrechnung auf ein fiktives Bruttoeinkommen entsprechend der Angaben in der Bremer Tabelle.
Aus dem fiktiven Bruttoeinkommen ist sodann der Rentenanspruch (Beitragshöhe der gesetzlichen Rentenversicherung) herauszulösen – Stand 2023: 18,6 Prozent – sodass sich der Vorsorgeunterhalt aus der Berechnung ergibt.
Schritt 2:
Im zweiten Schritt erfolgt der Abzug des so berechneten Altersvorsorgeunterhalts von dem bereinigten Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen. Aus der Differenz werden wiederum der Elementar- und anschließend der Altersvorsorgeunterhalt erneut ermittelt.
So ergibt es sich am Ende der Berechnung, dass der Vorsorgeunterhalt gleich auf beide Ehegatten verteilt ist.
Rz. 593
Beim Vorsorgeunterhalt handelt es sich um einen zweckgebundenen Unterhalt. Art und Weise der Vorsorge (gesetzliche Rentenversicherung, private Lebensversicherung) kann der Unterhaltsberechtigte selbst bestimmen, muss sich jedoch innerhalb der Zweckbindung halten.
Die Höhe bestimmte sich nach jahrzehntelanger Rechtsprechung nach dem Beitragsbemessungssatz der Rentenversicherung mit derzeit 18,6 %.
Rz. 594
Nachdem der BGH darüber hinaus gehend erklärt hat, dass grundsätzlich dem Nichtselbstständigen zuzubilligen ist, einen Betrag v...