Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 926
Eine Kapitalabfindung statt laufender Zahlung einer Unterhaltsrente kann zwischen den – früheren – Eheleuten in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB frei vereinbart werden.
Rz. 927
Der Unterhaltsberechtigte kann allerdings bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und für den Fall, dass der Unterhaltsverpflichtete dadurch nicht "unbillig belastet" wird, gem. § 1585 Abs. 2 BGB eine Abfindung in Kapital verlangen.
Rz. 928
Dieses Recht steht ausschließlich dem Unterhaltsberechtigten zu, da die Art der Unterhaltsgewährung in Kapital aufgrund besonderer wichtiger Umstände für den Berechtigten notwendig werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass der Verpflichtete dadurch nicht unbillig belastet wird.
Rz. 929
Der Vorteil einer solchen Lösung besteht häufig darin, auch die wirtschaftliche Verbindung zum geschiedenen Ehegatten zügig lösen zu können. Die Betroffenen können neue, eigene Dispositionen für ihren zukünftigen Lebensweg treffen, ohne von "Altlasten" beschwert zu sein.
Rz. 930
Voraussetzung für ein berechtigtes Verlangen auf Zahlung einer Abfindung in Kapital ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes auf Seiten des Unterhaltsberechtigten. Beispiele für die Notwendigkeit, Kapital zu erhalten, sind
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geplante Existenzgründung des Berechtigten, |
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geplante Auswanderung, |
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geplante oder durchgeführte Ausbildung gem. § 1575 BGB mit dem Entstehen entsprechender Ausbildungskosten. |
Rz. 931
Gleichzeitig muss auf Seiten des Verpflichteten ein Verhalten vorliegen, das durch die konkreten Umstände die Dauer der Erfüllung Unterhaltsanspruchs als Rentenzahlung gefährdet erscheinen lässt. Kann der Verpflichtete in begründeten Fällen Sicherheit nicht leisten, kommt ebenfalls die Zahlung eines Kapitalbetrages nach § 1585 Abs. 2 BGB in Betracht. Auch die drohende Leistungsunfähigkeit des Verpflichteten wegen Vermögensverschwendung seinerseits kann einen Grund für ein Verlangen nach § 1585 Abs. 2 BGB darstellen.
Rz. 932
Die Abfindung darf den Unterhaltsverpflichteten allerdings nicht unbillig belasten. Dies bedeutet, dass sie für ihn nicht zu einer Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts und seiner sonstigen Verpflichtungen führen darf. Der Verpflichtete muss die geforderte Abfindung unschwer leisten können. Er darf nicht zu verlustreichen Veräußerungen von Vermögenswerten gezwungen werden.
Rz. 933
Mit der Festsetzung der Abfindung erlischt der Unterhaltsanspruch, sodass im Anschluss lediglich der Zahlungsanspruch selbst besteht. Da die Abfindung endgültig ist, führen spätere Änderungen der Bedürftigkeit oder Änderungen der Leistungsfähigkeit nicht zu einem Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs. Ebenso wenig ändert sich an der Verpflichtung etwas, wenn nachträglich die Voraussetzungen des § 1579 BGB, der Versagung oder Beschränkung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit vorliegen.
Rz. 934
Entscheidend für den Zeitpunkt ist der Abschluss des Abfindungsvertrages, bei einer gerichtlich zuerkannten Kapitalabfindung die Rechtskraft des Beschlusses.
Rz. 935
Eine Anfechtung nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung, z.B. bei einer bevorstehenden Heirat, bleibt möglich, ebenso ein Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB (Erschleichung eines Urteils).
Rz. 936
Der Unterhaltsberechtigte hat die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes darzulegen und zu beweisen, ebenso die Voraussetzungen im Verhalten des Verpflichteten darzulegen. Den Verpflichteten trifft die Beweislast für das Vorliegen einer unbilligen Belastung.
Rz. 937
Kapitalabfindungen sind regelmäßig mit steuerlichen Nachteilen verbunden. Wird eine Einmalzahlung vereinbart, entfällt das begrenzte Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, das für das Jahr der Zahlung noch möglich ist, für die Folgejahre. Abfindungen für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder den getrenntlebenden Ehegatten sind nur im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG abzugsfähig. Die danach gegebene Abzugsfähigkeit begrenzter Unterhaltsleistungen scheidet dann schon aus, wenn der Unterhaltsberechtigte ein nicht nur geringes Vermögen besitzt. Darüber hinaus ist in § 33a Abs. 1 EStG ein geringer Höchstbetrag gesetzt, auf den eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten angerechnet werden.
Rz. 938
Die Vorschrift des § 33 EStG gilt dagegen nur für atypischen Unterhaltsbedarf, was sich nach Anlass und Zweckbestimmung richtet und regelmäßig bei einer Kapitalabfindung nicht vorliegt, weil sie keine Erfüllung eines außergewöhnlichen oder atypischen Bedarfs darstellt. Für die Bemessung der Kapitalabfindung sind alle diejenigen Gesichtspunkte zu beachten, die für spätere Änderungen oder den Wegfall eines Unterhaltsanspruchs von Bedeutung sein können, also
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die voraussichtliche Zeitdauer der Unterhaltsrente |
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die Lebenserwartung der Beteiligten |
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die Aussicht auf eine Wiederverheiratung des Berechtigten, |
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die Berufsaussichten des Berechtigten, |
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die Entwicklung der Bedürftigkeit des Berechtigten, |
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die künftige Leistungsfähigkeit des Pflichtigen. |
Rz. 939
Die vorau...