Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 2146
An erster Stelle im "Unterhaltsranking" steht der Betreuungsunterhalt. Im Grundsatz können die Abstufungen, die der BGH betr. Unterhalt zur "Kernbereichslehre" vorgenommen hat, zur Grundlage herangezogen werden.
1. Stufe: |
Unterhalt wegen Kindesbetreuung gem. § 1570 BGB; grundsätzlich unverzichtbar; |
2. Stufe: |
Alters- und Krankheitsunterhalt gem. §§ 1571, 1572 BGB sowie als vorweggenommener Altersunterhalt der Versorgungsausgleich: ebenfalls hochrangige Einstufung, aber vertraglichen Regelungen zugänglich, besonders bei Ehe- und Vertragsschluss von Ehegatten in fortgeschrittenem Alter mit gesicherter Lebensstellung, bei einer Ehe von kurzer Dauer zwischen wirtschaftlich eigenständigen jüngeren Eheleuten oder dann, wenn die Krankheit bereits bei Eheschließung vorhanden war; |
3. Stufe: |
Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit nach § 1573 Abs. 1 u. 4 BGB; eher disponibel, weil schon § 1573 IV BGB das Risiko der Erwerbslosigkeit auf den Berechtigten verlagert; |
4. Stufe: |
Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt: disponibel; Ausnahme: Zuordnung zum Ausgleich ehebedingter Nachteile; |
5. Stufe: |
Die übrigen Unterhaltstatbestände wie Ausbildungs- (§ 1575 BGB) und Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB): am ehesten verzichtbar. |
Rz. 2147
Kürzungen bei nachgeordneten Unterhaltstatbeständen sind deshalb bei gleichzeitiger Unterhaltsverstärkung höherrangiger Bereiche durchaus möglich. Die Rechtsprechung ist insoweit allerdings nicht einheitlich. So hat der BGH entgegen der Auffassung des OLG Celle die Beschränkung auf die Vereinbarung ausschließlich des Betreuungsunterhalts unter Ausschluss aller weiteren Unterhaltstatbestände in einem konkreten Fall akzeptiert.
Solche Konstellationen werden aber immer der Wertung des Einzelfalls unterliegen und damit den Bewertungsmaßstäben, wie sie vom konkreten "Tatrichter" gesehen werden.
Rz. 2148
Soyka erklärt dazu allerdings völlig zu Recht, dass Einzelfallgerechtigkeit den Weg für die Einflussnahme durch die Wertvorstellungen der Richter erst eröffnet:
Zitat
Dadurch wird das Ziel, das durch die Einzelfallgerechtigkeit erreicht werden soll, nämlich eine Lösung zu finden, die genau dem Einzelfall gerecht wird, stark relativiert, weil es nach den Vorstellungen der Richter unterschiedliche Auffassungen gibt, wie diese Lösung auszusehen hat, die den Einzelfallumständen gerecht wird.
Dies bedeutet für den beratenden Rechtsanwalt, sehr intensiv zu prüfen, ob eine von den Beteiligten vorgesehene Konstellation unbedenklich ist und im Falle von Bedenken in aller Deutlichkeit hierauf hinzuweisen oder aber sich die Freistellung von jeglicher Haftung für den konkreten Sachverhalt attestieren zu lassen.
Rz. 2149
Hinweis
Eine solche Freistellung ist aber nur dann wirksam, wenn sie den zugrunde liegenden Sachverhalt, die rechtlichen oder tatsächlichen Bedenken und die möglichen Gefahren konkret beschreibt.