Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1030
Schadenersatzansprüche, die einen Rückforderungsanspruch auslösen, sind möglich, wenn der Berechtigte im Unterhaltsverfahren einen Betrug begangen hat. Ein Prozessbetrug wird etwa durch vorsätzlich falsche Angaben über Einkünfte oder Verschweigen unterhaltsrelevanter Fakten begangen. Solches Verhalten löst Schadenersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB aus. Dies ist in unterschiedlichen Konstellationen denkbar:
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falsche Angaben zum Einkommen, |
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keine Offenbarung von Einkommensveränderungen während des Verfahrens, |
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Offenbarung eines Rentenbezugs erst im Unterhaltsverfahren, |
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Offenbarung einer Erbschaft im Verfahren, |
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Verschweigen von Einkünften trotz ausdrücklicher Nachfrage, |
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Verschweigen eines Ausbildungsabbruchs, |
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Verschweigen von neuen Lebensumständen wie die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. |
Rz. 1031
Ein Betrugsversuch beginnt bereits im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen über Grund und Höhe etwaiger Unterhaltsansprüche. Werden von den Beteiligten wider besseres Wissen unwahre Angaben über ihre Einkünfte oder über sonstige Voraussetzungen zur Zahlung von Unterhaltsansprüchen gemacht, können Sie, wenn sie zum Zwecke der Unterhaltsverkürzung auf Seiten des Pflichtigen oder zur Erlangung höheren Unterhalts auf Seiten des Berechtigten erfolgen, zu einem Betrugsversuch führen, im Falle des Erfolgs zu einem vollendeten Betrugsdelikt.
Im Zusammenhang mit der Überreichung von Belegen an den jeweils anderen kann entweder
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die Verfälschung kopierter Einkommensunterlagen oder |
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das Verschweigen (gerade) erfolgter Einkommenserhöhungen eine Rolle spielen. |
Rz. 1032
Aber auch andere, für die Unterhaltsberechtigung wichtige Umstände können zum Betrugsversuch führen. Beispielsweise verfälschte oder durch Simulation erfolgreich erwirkte Erwerbsunfähigkeitsbescheinigungen, das Verschweigen einer Gesundung oder die Erstellung von Bewerbungsschreiben zum Nachweis von Erwerbsbemühungen, die niemals versendet worden sind, können Grundlage eines Betrugsversuches sein. Je nach tatbestandlicher Grundlage des Verlangens von Unterhalt sind die unterschiedlichsten Konstellationen denkbar.
Rz. 1033
Dies betrifft den vorprozessualen Bereich insoweit, als damit der Versuch unternommen wird, dass entweder ein – früherer – Ehepartner auf die gerichtliche Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen verzichtet oder der andere Beteiligte zu einer für ihn ungünstigen außergerichtlichen Vereinbarung bewegt werden soll.
Rz. 1034
Im gerichtlichen Verfahren selbst ist das Gericht wie alle Beteiligten darauf angewiesen, korrekte Auskünfte zum Einkommen der Beteiligten und zu allen für die Entscheidung wichtigen Umständen zu gelangen. Es gilt die prozessuale Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO gerade während eines laufenden Rechtsstreits. Werden falsche Angaben gemacht, erschleicht sich der Betroffene Vorteile, von denen er auch weiß, dass sie ihm nicht zustehen. Er begeht einen Prozessbetrug, der zum Schadenersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB führt
Rz. 1035
Nach Beendigung eines gerichtlichen Verfahrens bildet sodann der Fall, dass titulierter Unterhalt entgegengenommen wird, obwohl die Pflicht zur ungefragten Information besteht, die zu einer Reduzierung oder einem Entfallen des Unterhaltsanspruchs geführt hätte, einen Hauptfall des Betruges im Bereich des Unterhaltsrechts.
Rz. 1036
Ein Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB dagegen setzt die sittenwidrige Ausnutzung eines unrichtig gewordenen Titels voraus. Hieran sind wegen der Durchbrechung der Rechtskraft hohe Anforderungen zu stellen. Der BGH verlangt hier zu Recht ein "evident unredliches Verhalten". Dies wird man bejahen müssen, wenn beispielsweise der Unterhaltsschuldner die Aufnahme einer vollschichtigen Berufstätigkeit mit einem monatlichen Einkommen von – damals – 5.000 DM brutto verschweigt.
Rz. 1037
Der Schadenersatzanspruch aus § 826 BGB wegen missbräuchlicher Vollstreckung aus einem Urteil ist auf Unterlassung der Zwangsvollstreckung und Herausgabe des Titels zu richten. Dies ist aber ausschließlich der Fall, wenn seitens des Unterhaltsberechtigten ein "evident unredliches Fehlverhalten" vorliegt.