Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1959
Besteht zwischen Unterhaltsberechtigten Gleichrang, wie bei mehreren Kindern betreuenden Ehegatten oder bei mehreren minderjährigen Kindern, ist das den Selbstbehalt übersteigende Einkommen im Rahmen des § 1581 BGB unter den Unterhaltsberechtigten zu verteilen.
Rz. 1960
Zunächst ist allerdings der Bedarf des geschiedenen Ehegatten zu ermitteln. Das Einkommen des Unterhaltspflichtigen ist dabei ohne den Splittingvorteil festzustellen, der der neuen Ehe verbleibt. Der Splittingvorteil der neuen Ehe kann die frühere Ehe nicht geprägt haben, da ohne die Scheidung der Ehe die weitere Ehe nicht möglich ist.
Rz. 1961
Der eheangemessene Bedarf des Pflichtigen ist festzulegen, da dieser maßgeblich für das Vorliegen eines Mangelfalls ist.
Rz. 1962
Bei der Frage der Leistungsfähigkeit ist sodann der Unterhalt gegenüber dem neuen Ehegatten zu berücksichtigen. Im Verhältnis zum neuen Ehegatten wird der Unterhalt jedoch unter Einschluss des ggf. nach Steuerklasse III erzielten Einkommens berechnet. Dieser Vorteil hat die neue Ehe geprägt.
Rz. 1963
Der Unterhalt der neuen Ehefrau ist damit als Familienunterhalt unter Berücksichtigung der Bedarfsprägung des Geschiedenenunterhalts zu ermitteln.
Rz. 1964
Hinweis
Bei der Berechnung des Familienunterhalts ist der Erwerbstätigenbonus nicht anwendbar. Der Familienunterhalt ist nach dem Halbteilungsprinzip zu ermitteln.
Rz. 1965
Ist der tatsächlich ermittelte Bedarf niedriger als der Mindestbedarf von 1.120 EUR, ist dieser anstelle des zuvor errechneten Bedarfs einzusetzen. Zu berücksichtigen sind die Vorteile des Zusammenlebens, die nach Rechtsprechung des BGH 10 % des Familienbedarfs entsprechen. Diese Ersparnis ist in den Eigenbedarfssätzen und in den Leitlinien der Düsseldorfer Tabelle eingearbeitet.
Rz. 1966
Im Rahmen des § 1581 BGB ist bei der Prüfung des Billigkeitsunterhalts ein Mangelfall zu prüfen. Dieser ergibt sich aus dem Bedarf des geschiedenen Ehegatten, dem eheangemessenen Bedarf des Unterhaltspflichtigen und dem Bedarf des neuen Ehegatten.
Rz. 1967
Auf der Stufe der Leistungsfähigkeit kann sodann auf die Drittellösung des BGH für die Verteilung beim Billigkeitsunterhalt zurückgegriffen werden.
Rz. 1968
Rechenbeispiel
M verfügt über eine Rente von 1.500 EUR, die erwerbsunfähige geschiedene F1 über eine Rente von 700 EUR, die weitere erwerbsunfähige geschiedene F2 über eine Rente von 800 EUR. Es besteht Gleichrang.
Bedarf von F1: (1.500 EUR + 700 EUR) : 2 = |
1.100 EUR |
Voller Unterhalt F1: 1.100 EUR – 700 EUR = |
400 EUR |
M bleiben 1.500 EUR – 400 EUR = |
1.100 EUR |
Bedarf F2: (1.100 EUR + 800 EUR) : 2 = |
950 EUR |
Voller Unterhalt F2: 950 EUR – 800 EUR = |
150 EUR |
Damit wäre die Halbteilung verletzt, da M lediglich der Betrag von 1.500 EUR – 400 EUR – 150 EUR = 950 EUR bliebe. Die beiderseitige Halbteilung ist gewahrt durch Dreiteilung: |
Anteil von F1: (1.500 + 700 EUR + 800 EUR) : 3 = |
1.000 EUR |
Unterhalt von F1: 1.000 EUR – 700 EUR = |
300 EUR |
Unterhalt von F2: 1.000 EUR – 800 EUR = |
200 EUR |
M bleibt 1.500 EUR – 300 EUR – 200 EUR = |
1.000 EUR |
Der Selbstbehalt ist unterschritten. Statt 500 EUR stehen nur 115 EUR (1.500 EUR – 1.385 EUR Selbstbehalt) zur Verfügung. Die proportionale Aufteilung nach der Formel |
Bedarf x Verteilungsmasse : Gesamtbedarf = gekürzter Unterhalt |
ergibt. |
F1 erhält anteilig 300 EUR x 115 EUR : 500 EUR = |
69 EUR |
F2 erhalt anteilig 200 EUR x 115 EUR : 500 EUR = |
46 EUR |
|
115 EUR |