Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 2067
Der Unterhaltsbedarf umfasst neben dem Elementarunterhalt auch den Krankenversorgungsunterhalt sowie Altersvorsorgeunterhalt (und einen eventuellen Mehrbedarf).
Es handelt sich insoweit um unselbstständige Teile des Gesamtunterhalts.
aa) Altersvorsorgeunterhalt
Rz. 2068
Grundsätzlich ist im familiengerichtlichen Verfahren zur Scheidung einer Ehe Vorsorgeunterhalt erst mit Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens nicht mehr obsolet, da der Versorgungsausgleich vom 1. desjenigen Monats an entfällt, zu dem der von einem Ehepartner gestellte Scheidungsantrag dem anderen zugestellt wird. Von diesem Zeitpunkt an besteht jedoch ein Anspruch auf angemessene Absicherung für den Fall des Alters sowie der Erwerbsunfähigkeit gem. § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB.
Rz. 2069
Die Höhe bestimmte sich nach jahrzehntelanger Rechtsprechung nach dem Beitragsbemessungssatz der Rentenversicherung mit rd. 20 %.
Nachdem der BGH darüber hinaus gehend erklärt hat, dass grundsätzlich dem Nichtselbstständigen zuzubilligen sei, einen Betrag von bis zu 4 % des jeweiligen Bruttoeinkommens des Vorjahres für eine zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen, ist dieser zusätzliche Betrag in den Vorsorgeunterhalt einzubeziehen und statt 20 % eine Altersvorsorge von 24 % zu verlangen.
Der BGH hatte nämlich erklärt, dass die Grenze der angemessenen Altersversorgung zur einseitigen Vermögensbildung bei 24 v.H. (20 v.H. Beitragsbemessungssatz der gesetzlichen Rentenversicherung zum Zeitpunkt der Entscheidung + 4 v.H. des Jahresbruttoeinkommens des Vorjahres) liegt.
Rz. 2070
Die Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts erfolgt in zwei Stufen.
Zunächst ist der Elementarunterhalt zu errechnen. Um den Altersvorsorgeunterhalt zu bestimmen, ist der Unterhaltsberechtigte so zu stellen, als würde es sich beim Elementarunterhalt um das Nettoeinkommen des Betreffenden aus Berufstätigkeit handeln (Betrag nach Abzug der gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge ohne Krankenversicherung).
Hierzu ist der Elementarunterhalt (fiktives Nettoeinkommen) auf ein entsprechendes (fiktives) Bruttoeinkommen hochzurechnen. Dies geschieht unter Zuhilfenahme der so genannten Bremer Tabelle des OLG Bremen. Berechnet wird unter Berücksichtigung von Beitragssätzen von 19,9 % für die Rentenversicherung und 3 % für die Arbeitslosenversicherung, Lohnsteuer der Klasse I ohne Kinderfreibeträge mit Solidaritätszuschlag. Die Lohnsteuer muss auch die Sozialabgaben berücksichtigen. In der Tabelle werden die gesetzliche Krankenversicherung und der Kinderlosenzuschlag zur Pflegeversicherung zugrunde gelegt.
Rz. 2071
Um das fiktive Bruttoeinkommen zu bestimmen, ist der aus der Tabelle zu entnehmende Aufschlag auf den Elementarunterhalt zu machen. Die Summe multipliziert mit dem geltenden Rentenbeitragssatz ergibt sodann den Altersvorsorgeunterhalt.
In einer zweiten Stufe ist dann der Elementarunterhalt unter Abzug des Altersvorsorgeunterhalts vom bereinigten Nettoeinkommen neu zu ermitteln.
Schließlich ist abschließend die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten zu überprüfen.
Rz. 2072
Für den Fall, dass Altersvorsorgeunterhalt als Folgesache im Rahmen der Geltendmachung nachehelicher Unterhaltsansprüche geltend gemacht wird, kann sich vor rechtskräftiger Scheidung eine Versorgungslücke ergeben. Der getrenntlebende Ehepartner partizipiert ab dem 1. desjenigen Monats, in dem ein Scheidungsantrag dem Antragsgegner zugestellt wird, nicht mehr vom Aufbau der Altersvorsorge durch den besserverdienenden Ehepartner. Der anwaltliche Berater hat in solchem Fall, namentlich bei vermutlich länger währendem Scheidungsverfahren aufgrund von Streit über Folgesachen, mit dem Mandanten zu erörtern, ob Altersvorsorgeunterhalt für die Zeit bis zur rechtskräftigen Scheidung geltend zu machen ist.
Beachte!
Altersvorsorge kann bei laufendem Trennungsunterhaltsverfahren durch Neuberechnung der Ansprüche unter Einbeziehung des Altersvorsorgeunterhalts mit der Folge der Umstellung des Unterhaltsantrags geltend gemacht werden. Bei bereits abgeschlossenem Trennungsunterhaltverfahren ist der Anspruch im Wege des Abänderungsverfahrens zu verfolgen.
Rz. 2073
Mit diesen Beträgen wird der Unterhaltsberechtigte i.d.R. gleichwohl keine angemessene Alterssicherung aufbauen können. Daher sind nach Errechnung der eigentlich möglichen gesetzlichen Ansprüche selbstverständlich Vereinbarungen möglich, die eine Altersvorsorge verstärken.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die einzelnen Bestandteile des Unterhalts voneinander zu trennen und in der Urkunde gesondert auszuweisen.
Rz. 2074
Hinweis
Wird eine betragsmäßige Feststellung in einer Urkunde unterlassen (evtl. aus Unkenntnis der Notwendigkeit), umfasst diese den Gesamtunterhalt, so dass spätere Nachforderungen im Wege des Zusatz- oder Abänderungsantrages nicht möglich sind.
Rz. 2075
Die Zahlung von Altersvorsorgeunterhalt kann vergleichsweise geregelt werden.
Der Berechtigte muss sich allerdings überlegen, dass die Regelung von Altersvorsorgeunterhalt eine Verkür...