Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 228
Bei Überzahlung aufgrund eines Prozessvergleichs oder einer vollstreckbaren Urkunde ist die Rückforderung zunächst nicht möglich. Es muss zunächst eine Abänderung des Titels vorangehen, § 238 FamFG. Die im gerichtlichen Verfahren oder durch vollstreckbare Urkunde festgelegte Verpflichtung bleibt bis zu einer Abänderung durch eine gerichtliche Entscheidung bindend.
Die Vorschrift des § 238 FamFG bildet dabei eine Spezialregelung für die Abänderung gerichtlicher Entscheidungen (Beschlüsse) in Unterhaltsverfahren.
Das Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG kann erhoben werden, wenn im Fall der gerichtlich angeordneten Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zu künftig fällig werdenden Unterhaltsleistungen (vgl. § 258 ZPO) eine wesentliche Veränderung derjenigen Verhältnisse eingetreten ist, die für Grund oder Höhe der Unterhaltsrente von Bedeutung waren.
Rz. 229
Tatsächliche Abänderungsgründe im Sinne von § 238 Abs. 1 FamFG sind insbesondere
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Einkommensänderungen des Unterhaltsberechtigten oder Unterhaltsverpflichteten, |
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Änderung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners in Folge plötzlicher Arbeitslosigkeit, |
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der Wechsel in eine höhere Altersstufe in den Unterhaltstabellen, |
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Minderung der Barunterhaltspflicht mit Eintritt der Volljährigkeit eines Kindes, weil der andere Elternteil nach § 1606 Abs. 3 S. 1 BGB ebenfalls Barunterhalt zu leisten hat, |
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Minderung der Bedürftigkeit des Unterhaltsgläubigers, der Arbeit gefunden hat. |
Rz. 230
Der Unterhaltsbeschluss darf grundsätzlich nur ab Rechtshängigkeit abgeändert werden, § 238 Abs. 3 S. 1 FamFG, sodass der Abänderungsantrag hinsichtlich des vor dem maßgeblichen Zeitpunkt liegenden Teils unzulässig ist. Maßgeblich ist die Zustellung des Antrags an den Gegner. Weder genügt die Einreichung eines entsprechenden Verfahrenskostenhilfegesuchs, noch die bloße Einreichung des Abänderungsantrags bei Gericht, da § 167 ZPO nicht anwendbar ist.
Rz. 231
Allerdings ist in Ausnahme davon im Falle eines auf Erhöhung des Unterhalts gerichteten Antrags die Zulässigkeit auch für die Zeit gegeben, für die nach den Vorschriften des BGB Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann.
Rz. 232
§ 238 Abs. 3 S. 3 FamFG bestimmt zusätzlich Anträge auf Herabsetzung des Unterhalts, dass diese auch für die Zeit ab dem ersten des auf ein entsprechendes Auskunfts- oder Verzichtsverlangen des Antragstellers folgenden Monats zulässig sind. Auf diese Weise wird die Gleichbehandlung von Gläubiger und Schuldner erreicht. Das auf eine Herabsetzung des Unterhalts gerichtete Verlangen unterliegt spiegelbildlich den Voraussetzungen, für die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts Unterhalt für die Vergangenheit verlangt werden kann. Diese Voraussetzungen ergeben sich aufgrund der Neufassung des § 1585b Abs. 2 BGB einheitlich aus § 1613 Abs. 1 BGB.
Erforderlich ist daher entweder ein Auskunftsverlangen mit dem Ziel der Herabsetzung des Unterhaltes gegenüber dem Unterhaltsgläubiger oder eine Aufforderung an den Unterhaltsgläubiger, teilweise oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten.
Rz. 233
Muster 3.13: Unterhaltsverzicht
Muster 3.13: Unterhaltsverzicht
Sehr geehrte Frau _________________________,
nach Ihrer Mitteilung vom _________________________ werden Sie am _________________________ eine Arbeitsstelle bei der Firma _________________________ antreten. Damit entfallen die Voraussetzungen für Erwerbslosenunterhalt. Ich fordere Sie hiermit unter Fristsetzung zum _________________________ auf, auf den titulierten Unterhaltsanspruch vom _________________________ (Az. _________________________) mit Wirkung zum _________________________ zu verzichten.
Nach Ablauf der og. Frist empfehle ich meinem Mandanten einen Abänderungsantrag bei Gericht zu stellen.
Rz. 234
§ 238 Abs. 2 S. 4 FamFG enthält eine zeitliche Einschränkung für die Geltendmachung eines rückwirkenden Herabsetzungsverlangens und ist § 1585b Abs. 3 BGB nachgebildet. Während sich die rückwirkende Erhöhung des Unterhalts nach S. 2 nach dem materiellen Recht richtet, ist das Herabsetzungsverlangen lediglich verfahrensrechtlich ausgestaltet. Für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit liegende Zeit kann eine Herabsetzung nicht verlangt werden.
Rz. 235
Praxistipp
Verfahrensrechtlich ist zu beachten!
Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kann in entsprechender Anwendung des § 769 ZPO angeordnet werden, wenn ein Abänderungsantrag auf Herabsetzung anhängig oder hierfür ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe eingereicht wurde, vgl. § 242 FamFG.
Rz. 236
Muster 3.14: Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung
Muster 3.14: Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung
Die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss (Vergleich) vom _________________________ (Az. _________________________) wird nach § 242 FamFG i.V.m. § 769 ZPO bis zum Erlass des Beschlusses in diesem Verfahren ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt.
Begründung:
Die Einstellung der Zwangsvolls...