Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1512
Nach früherer Rechtsprechung des BGH wurde bei Veräußerung des Familienheims nach Trennung oder Scheidung der Wohnvorteil, den es bis dahin gab, fiktiv mit in die Bemessungsgrundlage für den Unterhaltsanspruch eingearbeitet. Der BGH hat diese Rechtsprechung jedoch grundlegend geändert und erklärt, dass die Zinsen aus dem Erlös oder ein mit dem Erlös angeschaffter neuer Wohnwert Surrogat des früheren Wohnwertes und damit in der Ehe angelegt sind. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der neue Wohnwert oder die Zinsen aus dem Erlös den früheren Wohnwert übersteigen.
Rz. 1513
Die Veräußerung des Familienheims verändert demgemäß die Unterhaltsberechnung. Während des Bewohnens wurde der Wohnwert nur bei demjenigen Ehegatten angesetzt, der in der Wohnung verblieben war. Die Zinsen aus dem Erlös als Surrogat werden bei beiden Ehegatten je zur Hälfte eingestellt.
Rz. 1514
Der Unterhaltsberechtigte ist grundsätzlich verpflichtet, den Pflichtigen von der Unterhaltslast zu befreien oder sie zu mindern. Er ist daher verpflichtet, den Verkaufserlös des Familienheims adäquat anzulegen und keinen ungerechtfertigten Verbrauch vorzunehmen. Der Berechtigte hat die Obliegenheit, sein Vermögen so ertragreich wie möglich zu nutzen.
Rz. 1515
Bei Verbrauch des Geldes können fiktive Zinseinkünfte angesetzt werden, wenn der Bedürftige unwirtschaftlich gehandelt hat und dadurch eine (teilweise) mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit nach § 1579 Nr. 4 BGB vorliegt. Dies ist der Fall, wenn man sein Vermögen verbraucht, obwohl man notwendig voraussieht, dass man nach Erschöpfung dieses Vermögens unterhaltsbedürftig sein wird. Es muss sich bei dem Verbrauch um ein unterhaltsbezogen leichtfertiges Verhalten handeln.
Rz. 1516
Der Unterhaltsberechtigte muss sich über die erkannten Möglichkeiten nachteiliger Folgen seiner Bedürftigkeit hinweggesetzt haben. Dies ist nicht der Fall bei Verwendung eines Erlöses aus dem Familienheim für Umzug, notwendiges neues Mobiliar, um die Einzahlung in eine Lebensversicherung zur Altersvorsorge, um die Tilgung vorhandener Schulden oder um die Rückzahlung von in der Ehe verbrauchtes Kindesvermögen handelt. Umgekehrt ist die Verwendung für teure Hobbys, für Reisen oder Kleidung nicht akzeptabel.
Rz. 1517
Bei Veräußerung des hälftigen Anteils an den (früheren) Ehepartner ist bei einem Ehegatten der volle Wohnwert abzüglich der Zinsen aus den Hausschulden und der Zinsen des für die Veräußerung an den Ehegatten aufgenommenen Darlehens zu berücksichtigen, beim anderen Ehegatten die Zinsen aus dem Erlös als in der Ehe angelegt beim Bedarf anzusetzen. Die anschließende Tilgung eines ggf. neu aufgenommenen Darlehens stellt einseitige Vermögensbildung dar und bleibt unberücksichtigt, es sei denn, es handelt sich um eine zusätzliche Altersvorsorge im zulässigen Rahmen.
Dasselbe gilt, wenn die gemeinsame Immobilie von einem Ehegatten im Rahmen der Zwangsversteigerung oder der Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG erworben wurde.