Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Grundsätze zum Betreuungsunterhalt
Rz. 1060
Gem. § 1570 Abs. 1 BGB kann ein geschiedener Ehegatte von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für drei Jahre nach Geburt Unterhalt verlangen.
Die Dauer des Unterhaltsanspruches verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
Schließlich verlängert sich nach § 1570 Abs. 2 BGB die Dauer des Unterhaltsanspruches über die Dreijahresfrist hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
a) Die Betreuungsphasen
Rz. 1061
Damit sind im Rahmen der Verpflichtung zur Zahlung von Betreuungsunterhalt drei Zeiträume zu unterscheiden:
Erster Zeitraum
In den ersten drei Lebensjahren des Kindes ist es dem betreuenden Elternteil freigestellt, sich in vollem Umfang der Betreuung und Erziehung der Kinder zu widmen oder eine Fremdbetreuung zur Ausübung einer teilweisen oder vollen Erwerbstätigkeit in Anspruch zu nehmen.
Während dieses sogenannten zeitlichen Basisunterhalts wird dem betreuenden Elternteil ausnahmslos keine Erwerbstätigkeit zugemutet, und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn er vor der Trennung der Eheleute und/oder nach Geburt des Kindes berufstätig war.
Auch eine ausgeübte Erwerbstätigkeit kann in der Regel aufgegeben werden.
Es handelt sich um einen aus Gründen des Kindeswohls gewährten Anspruch. Er soll die persönliche Erziehung und Pflege des Kindes in den ersten Lebensjahren sicherstellen.
Rz. 1062
Zweiter Zeitraum
Der Basisunterhalt kann sich gem. § 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB aus kindbezogenen Billigkeitsgründen verlängern. Es ist in jedem konkreten Einzelfall festzustellen, wie lange und in welchem Umfang eine Betreuung notwendig ist. Es besteht zwar der notwendige Vorrang der Fremdbetreuung.
Nach Erreichen des dritten Lebensjahres kann jedoch nicht sogleich die Obliegenheit zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit bestehen. In einer Abwägung des Einzelfalls ist auf das Kindeswohl als Maßstab jeder Entscheidung Rücksicht zu nehmen.
Rz. 1063
Dritter Zeitraum
Nach § 1570 Abs. 2 BGB verlängert sich der Betreuungsunterhaltsanspruch weiter, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung der Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht (elternbezogene Gründe). § 1570 Abs. 2 BGB berücksichtigt die bei geschiedenen Ehen im Einzelfall aus Gründen der nachehelichen Solidarität gerechtfertigte weitere Verlängerung des Unterhaltsanspruches.
b) Gemeinschaftliches Kind
Rz. 1064
Nach § 1570 Abs. 1 BGB kann Unterhalt wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes verlangt werden. Der Anspruch setzt voraus, dass der bedürftige Ehegatte das oder die betreuungsbedürftigen Kinder pflegt und erzieht und von ihm aus diesem Grunde keine oder keine vollschichtige Erwerbstätigkeit verlangt werden kann.
Rz. 1065
Gemeinschaftliche Kinder im Sinne von § 1570 BGB sind:
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in der Ehe geborene Kinder, §§ 1591, 1592 Nr. 1 BGB, |
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vorehelich geborene Kinder, wenn die Eltern nach der Geburt heiraten, § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB, |
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ein Kind, dessen Vaterschaft anerkannt worden ist, §§ 1591, 1592 Nr. 2 BGB, |
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ein Kind, dessen Vaterschaft festgestellt worden ist; §§ 1591, 1592 Nr. 3 BGB, |
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ein Kind, das als Kind eines neuen Ehemannes im Sinne des § 1593 Satz 3 BGB anzusehen ist, |
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ein adoptiertes Kind, § 1794 Abs. 1 BGB, |
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ein scheineheliches Kind, solange die Vaterschaft nicht wirksam angefochten ist, |
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ein im Rahmen einer homologen In-Vitro-Fertilisation gezeugtes Kind. |
Rz. 1066
Keine gemeinschaftlichen Kinder im Sinne von § 1570 BGB sind:
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ein Pflegekind, |
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ein Stiefkind, |
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ein vor- und außereheliches Kind eines Ehegatten, |
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ein nach der Scheidung geborenes gemeinschaftliches nichteheliches Kind der geschiedenen Ehegatten. |
Rz. 1067
Auch ein gemeinschaftliches, nach Scheidung der Ehe geborenes Kind der früheren Eheleute ist nicht als gemeinschaftliches Kind im Sinne von § 1570 BGB anzusehen, weil die Vorschrift die Pflege und Erziehung der aus der Ehe hervorgegangenen Kinder sicherstellen will. Das nach Scheidung geborene Kind ist aber nicht "aus der Ehe" hervorgegangen. Die Unterhaltsansprüche des betreuenden Elternteils richten sich in solchen Fällen nach § 1615l BGB.