Rz. 1835
Eine – auch vollständige – selbstverschuldete Leistungsunfähigkeit ist grundsätzlich zu beachten. Dies gilt auch dann, wenn der Verpflichtete sie selbst – auch schuldhaft – herbeigeführt hat, z.B. durch eine Straftat, die mit Freiheitsstrafe geahndet wird und die deshalb zu mangelnden laufenden Einkünften führt.[1985]
Rz. 1836
Anderes gilt für unterhaltsbezogenes[1986] verantwortungsloses, zumindest leichtfertiges Verhalten. Dem Pflichtigen ist in solchen Fällen die Berufung auf Leistungsunfähigkeit nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt. Als Folge wird der Unterhaltsverpflichtete in so behandelt, als wäre er in bisheriger Höhe leistungsfähig.[1987] Ob solches unterhaltsbezogen mindestens leichtfertiges Verhalten vorliegt, obliegt der Bewertung des Einzelfalls.[1988] So führt nicht jeder Arbeitsplatzverlust zu Leistungsunfähigkeit.
Rz. 1837
Typische Fälle unterhaltsbezogener Leichtfertigkeit sind in diesem Zusammenhang:
Nicht notwendige Kündigung des Arbeitsplatzes durch den Verpflichteten,
▪ | Unterhaltsbezogen leichtfertig verschuldete Kündigung des Arbeitgebers,[1989] |
▪ | Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit ohne – unterhaltsrechtliche – Berechtigung. |
Grundsätzlich ist es auch nicht möglich, seine Einkünfte durch den Abschluss einer Altersteilzeit- und Aufhebungsvereinbarung zu reduzieren.
Eine unterhaltsrechtliche Erwerbsobliegenheit endet erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze nach §§ 35, 235 SGB VI, § 51 BBG. Solange diese Regeln nicht von der tatsächlichen Erwerbsfähigkeit abweichen, sind sie als Maßstab im Unterhaltsrecht heranzuziehen. Dies gilt für den Ehegattenunterhalt sowohl beim Berechtigten als auch beim Verpflichteten.
Der Unterhaltspflichtige darf nicht mutwillig den nachehelichen Unterhalt gefährden, solange gesetzlich ein Anspruch besteht. Beruhen seine Einkommensminderungen auf der Verletzung der Erwerbsobliegenheit, sind fiktive Einkünfte anzusetzen.[1990]
Rz. 1838
Eine Einkommensreduzierung durch Inanspruchnahme von Altersteilzeit ist dagegen gestattet, wenn der Bedarf des Berechtigten durch eigene Einkünfte und einen fortbestehenden Unterhaltsanspruch auf hohem Niveau sichergestellt ist oder sich der Pflichtige auf angemessene betriebliche, persönliche oder gesundheitliche Gründe berufen kann.
Diese Maßstäbe gelten auch dann, wenn der Pflichtige seinen Arbeitsplatz bereits vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze aufgibt.
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