Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Additionsmethode, Differenzmethode, Anrechnungsmethode
Rz. 1637
Das Maß des Unterhalts gem. § 1578 Abs. 1 BGB bestimmt sich nach den prägenden ehelichen Lebensverhältnissen, an denen beide Eheleute gleichmäßig, also hälftig, teilgenommen haben. Auf diesen Bedarf muss sich der Berechtigte nach § 1577 Abs. 1 BGB sein gesamtes in der Ehe angelegtes und nicht angelegtes, also das prägende und nicht prägende Einkommen anrechnen lassen. Sind solche prägenden und auch nicht prägenden Einkünfte vorhanden, bietet sich die Anwendung der Additionsmethode an.
Rz. 1638
Für den Fall, dass jedoch keine nicht prägenden Einkünfte vorhanden sind, bietet sich die Unterhaltsberechnung nach Differenz- und Anrechnungsmethode an.
Unabhängig von der Methodenwahl kommt man in der Berechnung zu demselben Ergebnis.
Rz. 1639
Grundsätzlich gilt das Prinzip der hälftigen Teilung. Allerdings billigt die Rechtsprechung den Beteiligten hinsichtlich ihres jeweiligen Erwerbseinkommens einen sogenannten Erwerbsbonus zu, der nach einer Entscheidung des BGH nicht mehr, wie im Bereich einiger Oberlandesgerichte, 1/7 des Erwerbseinkommens, sondern 1/10 beträgt.
Rz. 1640
In den Leitlinien der Oberlandesgerichte heißt es in Ziff. 15.2.:
15.2. Halbteilung und Erwerbstätigenbonus
Für den Bedarf ist maßgebend, dass Ehegatten während des Zusammenlebens gleichen Anteil an dem Lebensstandard haben. Diesem Grundsatz widerspricht es nicht, zugunsten des erwerbstätigen Ehegatten von einer strikt hälftigen Teilung in maßvoller Weise abzuweichen, um einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu erhalten.
Der Bedarf beträgt daher grundsätzlich die Hälfte der den ehelichen Lebensverhältnissen zuzurechnenden Einkünfte und geldwerten Vorteile. Soweit die Einkünfte aus Erwerbseinkommen herrühren, ist dem erwerbstätigen Ehegatten ein pauschalierter Betrag dieses Einkommens als Anreiz zu belassen. Dieser beträgt 1/10 seines bereinigten Erwerbseinkommens. Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind, so wird sein Erwerbseinkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um den diesem entsprechenden Unterhalt (Zahlbetrag) bereinigt.
15.2. Halbteilung und Erwerbstätigenbonus
Der Unterhaltsbedarf des getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten beläuft sich grundsätzlich auf die Hälfte des zusammengerechneten eheprägenden bereinigten Einkommens beider Ehegatten.
Erwerbseinkünfte sind als Anreiz um einen Erwerbstätigenbonus von 1/10 vor Verminderung der Einkünfte um Kindesunterhalt und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten zu kürzen.
15.2. Der Bedarf jedes Ehegatten ist grundsätzlich mit der Hälfte sämtlicher eheprägender Einkünfte anzusetzen (Halbteilungsgrundsatz); der Mindestbedarf darf das Existenzminimum für Nichterwerbstätige (vgl. Ziff. 21.2) nicht unterschreiten.
Von dem anrechnungspflichtigen Einkommen des zum Kindesunterhalt verpflichteten Ehegatten ist vorweg der Zahlbetrag des Kindesunterhalts (Tabellenbetrag abzüglich – hälftigen – Kindergeldes) abzuziehen, es sei denn, der Kindesunterhalt ist in anderer Höhe unveränderlich tituliert oder gezahlt; in diesen Fällen ist der Titel– bzw. Zahlbetrag abzusetzen.
Außerdem ist ein Erwerbstätigenbonus von 1/10-Anteil als Arbeitsanreiz und zum Ausgleich derjenigen berufsbedingten Aufwendungen, die sich nicht eindeutig von privaten Lebenshaltungskosten abgrenzen lassen, einkommensmindernd zu berücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2020, 171). Der Bonus ist nach Vorwegabzug berufsbedingter Aufwendungen, des Kindesunterhalts und sonstiger berücksichtigungsfähiger Schulden zu berechnen.
Die Unterhaltspflichten für einen späteren Ehegatten oder gegenüber einem betreuenden Elternteil eines nach rechtskräftiger Scheidung der Eheleute geborenen Kindes (§ 1615l BGB) sind ebenso wie der Unterhalt eines 14 nachehelich geborenen Kindes bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs des früheren Ehegatten nicht zu berücksichtigen.
Bei konkurrierenden gleichrangigen Unterhaltsansprüchen mehrerer Ehegatten oder nach § 1615l BGB berechtigter Elternteile kann im Rahmen der Leistungsfähigkeit und Mangelverteilung die sog. "Dreiteilungsmethode" zur Anwendung kommen (BGH FamRZ 2012, 281)
15.2. Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, Erwerbseinkünfte werden jedoch nur zu 9/10 berücksichtigt (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen).
Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Zahlbetrag) bereinigt. Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3. (BGH FamRZ 2001, 350).
15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz. Vom bereinigten Erwerbseinkommen kann ein Bonus von einem Zehntel abgezogen werden.
Leistet ein Ehegatte Unterhalt für ein unterhaltsberechtigtes Kind, wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Zahlbetrag) bereinigt.
Kommt der betreuende Elternteil für einen ungedeckten Restbedarf auf, ist dieser ebenso von seinen Einkünften abzusetzen (B...