Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1978
Selten, aber möglich ist der umgekehrte Fall, dass nämlich für einen Unterhaltsberechtigten mehrere Unterhaltsverpflichtete vorhanden sind.
1. Das Rangverhältnis zwischen den Verpflichteten
Rz. 1979
In solchen Fällen ist das Rangverhältnis zwischen den Verpflichteten zu klären, das regelt, wer von dem Verpflichteten Unterhalt zahlt für den Fall, dass kein Mangelfall vorliegt. Gleichzeitig regelt das Rangverhältnis die Reihenfolge, in der die Verpflichteten im Mangelfall zur Zahlung von Unterhalt herangezogen werden können.
Im Verwandtschaftsverhältnis haftet ein nachrangiger Verwandter ersatzweise bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit (§ 1603 Abs. 1 BGB) des vor ihm haftenden Verwandten, § 1607 Abs. 1 BGB.
2. Mehrere unterhaltspflichtige Ehegatten
Rz. 1980
Bei mehreren unterhaltspflichtigen Ehegatten gilt: Bei Wiederheirat des Berechtigten erlischt zwar der Anspruch auf Zahlung von Ehegattenunterhalt nach § 1586 Abs. 1 BGB. Der Anspruch lebt aber wieder auf, wenn die folgende Ehe geschieden wird und der Ehegatte ein Kind aus der früheren Ehe betreut, § 1586a Abs. 1 BGB.
Rz. 1981
Dadurch kann es zu zwei Unterhaltspflichten der jeweiligen – früheren – Ehegatten auch nebeneinander kommen.
Hier besteht Nachrang des jeweils früheren Ehegatten und entsprechend die vorrangige Haftung des späteren Ehegatten, § 1586a Abs. 2 BGB.
Heiratet ein nach § 1615l BGB unterhaltsberechtigter Elternteil einen Dritten, erlischt analog § 1586 BGB sein Anspruch nach § 1615l BGB.
Rz. 1982
Umgekehrt lebt er wieder auf, wenn die Ehe geschieden wird. Analog § 1586a Abs. 2 BGB ist dieser Anspruch nachrangig gegenüber einem etwaigen Anspruch auf Geschiedenenunterhalt. Besteht dieser Anspruch jedoch nicht, wirkt sich der Nachrang nicht zu Lasten des Berechtigten aus. Der Anspruch nach § 1615l BGB ist wieder in vollem Umfang gegeben.
Rz. 1983
Betreuungsunterhaltsansprüche, etwa einerseits nach § 1615l BGB, andererseits nach § 1570 stehen gleichrangig nebeneinander. Dies gilt in gleicher Weise für mehrere Ansprüche nach § 1615l BGB.
3. Verwandte des Berechtigten
Rz. 1984
Zur Leistungspflicht von Verwandten des Berechtigten neben Ehegatten oder nicht ehelichen Elternteilen gilt: Grundsätzlich haftet der verpflichtete Ehegatte vor Verwandten des berechtigten Ehegatten für Unterhaltsansprüche. Dies gilt nach § 1584 Satz 1 BGB für den nachehelichen Unterhalt sowie nach § 1608 Satz 1 BGB für den Familien- und Trennungsunterhalt.
Rz. 1985
Die Eheschließung führt zu einer primären gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung füreinander. Im Falle der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten besteht daher grundsätzlich kein Unterhaltsanspruch gegen nachrangig verpflichtete Verwandte.
Rz. 1986
Ist dagegen der verpflichtete Ehegatte ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhaltsbedarfs zu Unterhaltsleistungen nicht in der Lage, kehrt sich dieses Rangverhältnis um. Nach §§ 1584 S. 2, 1608 S. 2 BGB haften im Mangelfall die leistungsfähigen Verwandten des Berechtigten vor dem verpflichteten Ehegatten. Die Verwandten sind vorrangig verpflichtet; nachrangig kann vom Ehegatten Billigkeitsunterhalt nach § 1581 BGB nur dann verlangt werden, wenn es keine leistungsfähigen Verwandten des Berechtigten gibt.
Rz. 1987
Die Höhe der Zahlungsverpflichtung beschränkt sich auf die Höhe des leistungsmäßigen Fehlbedarfs.
Rz. 1988
Neben dieser Beschränkung unterscheiden sich die Unterhaltsansprüche gegenüber nachrangigen Verwandten dahingehend, dass sich der Verwandtenunterhalt nach dem angemessenen Unterhalt bemisst und sich daher vom Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen der Höhe nach unterscheiden kann. So kann nach § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB der eheangemessene Unterhalt auf den angemessenen Unterhalt herabgesetzt werden.
Rz. 1989
Sind mehrere leistungsfähige Verwandte vorhanden, haften die Abkömmlinge vor Verwandten der aufsteigenden Linie und dabei jeweils die näheren Verwandten vor den entfernteren Verwandten, § 1606 Abs. 1 S. 2 BGB.
Rz. 1990
Soweit ein Berechtigter allerdings einen vorrangigen Anspruch gegenüber einem leistungsfähigen Verwandten hat, ist er in diesem Umfang gegenüber dem Verpflichteten nicht bedürftig. Diesem gegenüber besteht insoweit auch kein Unterhaltsanspruch. Dem gegenüber bleibt nach § 1607 Abs. 2 BGB die Unterhaltsverpflichtung bestehen, wenn die Haftung nur deshalb besteht, weil die Rechtsverfolgung im Inland ausgeschlossen oder erheblich erschwert ist. Der Anspruch geht sodann auf den Zahlenden über.
Rz. 1991
Im sonstigen Verhältnis sind leistungsfähige Verwandte Unterhaltsschuldner aufgrund eigener Haftung. Ein Rückgriff auf den erstverpflichteten Ehegatten scheidet aus.
Rz. 1992
Soweit sich der verpflichtete Ehegatte auf den Verwandtenvorrang und der §§ 1584 und 1608 BGB wegen eigener beschränkter Leistungsfähigkeit beruft, hat er darzulegen und nachzuweisen, dass und in welchem Umfang er ohne Gefährdung als seines eigenen angemessenen Unterhaltsbedarfs nicht leistungsfähig ist.
Rz. 1993
Nimmt der Berechtigte einen nachrangig haftenden Verwandten in Anspruch, muss er darlegen und nachwei...