Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Definition des Mehrbedarfs
Rz. 1659
Ein Anspruch auf die Abdeckung eines Mehrbedarfs besteht, wenn bei einem Ehegatten aufgrund besonderer Umstände zusätzliche Mittel für besondere Aufwendungen benötigt werden, die durch den Elementarbedarf nicht abgedeckt werden und deshalb zusätzlich zum Elementarbedarf als unselbstständige Unterhaltsbestandteile geleistet werden müssen.
Bei der Ermittlung des verteilungsfähigen Einkommens sind solche Beträge vorweg abzuziehen.
Rz. 1660
Es handelt sich bei Mehrbedarf um einen solchen Teil des Lebensbedarfs, der regelmäßig – jedenfalls während eines längeren Zeitraums – anfällt, das Übliche übersteigt, allerdings kalkulierbar ist und deshalb bei der Bemessung des laufenden Unterhaltes berücksichtigt werden kann.
Rz. 1661
Mehrbedarf grenzt sich von Sonderbedarf dadurch ab, dass letzterer einen unregelmäßigen außergewöhnlichen hohen Bedarf darstellt, der nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen war und deshalb bei der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente nicht berücksichtigt werden konnte. Eine Eingruppierung als Sonderbedarf scheidet damit schon aus, wenn die zusätzlichen Kosten mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen waren.
2. Fälle des konkreten Mehrbedarfs
Rz. 1662
Einzelfälle:
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Kosten der Konfirmation oder Kommunion sind kein Sonderbedarf, so der BGH, sondern Mehrbedarf, da die Kosten mit Beginn des entsprechenden Unterrichts voraussehbar waren; Nach anderer Ansicht, der zuzustimmen ist, können solche Kosten durchaus Sonderbedarf sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die laufende Unterhaltsrente so niedrig ist, dass sie die Bildung ausreichender Rücklagen von vornherein nicht erlaubt. |
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Eine Brille stellt keinen Sonderbedarf dar, wenn absehbar war, dass diese benötigt werde; |
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Die Erstausstattung eines Säuglings ist Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB; |
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Ärztliche Behandlungskosten größeren Umfangs sind Sonderbedarf; |
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Eine plötzlich notwendige Zahnbehandlung ist Sonderbedarf, die lang andauernde kieferorthopädische Behandlung möglicherweise aber ebenfalls; |
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Kosten des Nachhilfeunterrichts sind dann Sonderbedarf, wenn sie überraschend oder nur vorübergehend anfallen. |
Rz. 1663
Die regelmäßigen zusätzlichen Aufwendungen aufgrund besonderer Umstände, also Mehrbedarf, können sein:
Rz. 1664
Ergibt sich aus gesundheitlichen bzw. Altersgründen beim Unterhaltsberechtigten ein Mehrbedarf, kann dieser nach den Grundsätzen für den ausbildungsbedingten Mehrbedarf geltend gemacht werden, sofern er konkret dargelegt und bewiesen wird.
Zuerkannt wird ausschließlich, was "medizinisch notwendig" ist.
Beispiel: Bei Erkrankung an Diabetes unterscheiden Gerichte bei der Verwendung von Nahrungsmitteln danach, ob diese wirklich medizinisch notwendig sind. So ist z.B. die Verwendung von Reformhausprodukten dem "Lifestyle" zuzurechnen.
Rz. 1665
Anerkannt wurde Mehrbedarf bei Darlegung der Notwendigkeit u.a. in folgenden Fällen:
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Pkw |
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Energiekosten |
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Krankenversicherung |
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Lebenshaltungskosten |
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Medikamente |
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Miete |
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Mietnebenkosten |
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Umgangskosten |
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Umzugskosten |
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Versicherungen |
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Zeitung. |
Der Mehrbedarf ist insgesamt konkret darzulegen und im Einzelfall vom Tatrichter zu ermitteln. Lebt der Betreffende mit einem neuen Partner zusammen, ist der Mehrbedarf regelmäßig nicht gegeben.
Rz. 1666
Keinen zusätzlich zu berücksichtigenden Mehrbedarf stellen ferner alle Aufwendungen dar, die bereits bei der Ermittlung des prägenden bereinigten Nettoeinkommens als Abzugsposten berücksichtigt worden sind, wie
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Einkommen- und Kirchensteuer, |
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Vorsorgeaufwendungen für Krankheit, Alter, Invalidität und Arbeitslosigkeit, |
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berufs- und ausbildungsbedingte Aufwendungen, |
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Betriebsausgaben und Werbungskosten, |
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Aufwendungen für anerkennenswerte Schulden, |
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Unterhaltszahlungen |
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Vermögensbildung, soweit diese in angemessenem Rahmen fortgesetzt werden darf. |
Rz. 1667
Im Falle einer Quotenberechnung des Elementarunterhalts ist der Mehrbedarf zunächst vom prägenden Einkommen abzuziehen und hat letztlich auf die Höhe des Elementarunterhalts Einfluss.
Rz. 1668
Mehrbedarf ist grundsätzlich konkret darzulegen und zu beweisen. Der Bedürftige, der den Mehrbedarf geltend macht, ist beweispflichtig. Die angemessene Höhe kann aber auch einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO unterliegen. Eine Schätzung spielt aber nur dann eine Rolle, wenn es dem betroffenen Ehegatten nicht zumutbar ist, seine besonderen Aufwendungen in allen Einzelheiten spezifiziert darzulegen.