Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
1. Ausgangssituation
Rz. 854
Ebenso wie während des Zusammenlebens der Ehepartner kann einer der Ehegatten auch während der Trennungszeit versterben. Selbst wenn ein Scheidungsverfahren eingeleitet ist, kann es zum Tod eines Beteiligten kommen. Dies gilt umso mehr, als familiengerichtliche Verfahren nicht selten Jahre dauern.
Auch wenn sich kein Rechtsanwalt und kein Gericht gern für einen Rosenkrieg zwischen (ehemaligen) Partnern einspannen lässt, benutzen manche Beteiligte die notwendige Regulierung der Folgen einer Trennung (und Scheidung) weniger dazu, die eigenen Interessen und/oder diejenigen der davon betroffenen Kinder in fairer, vernünftiger Weise zu regeln. Es geht so manches Mal mehr um nicht aufgearbeitete Spannungen zum Partner, um die Enttäuschung über die Abwendung des Anderen, um den Verlust der vertrauten und materiell gesicherten Lebenssituation, um Schuld und Rache. Dies kann zu langen, ja langjährigen Verfahren führen, über die schon mancher Beteiligter "hinweggestorben" ist.
Rz. 855
Und es gibt Verfahren, bei denen Beteiligte sich – aus unterschiedlichen Gründen – bemühen, nicht zu einem Abschluss der Familiensache zu kommen, bevor nicht ein – bestimmter – Beteiligter verstorben ist.
Aber auch bei Verfahren üblicher Dauer, also statistisch einem Verfahren von etwa 6 Monaten Länge, kann ein Beteiligter plötzlich oder infolge einer langjährigen Erkrankung sterben, und zwar in jedem Alter, wie wir aus dem Bekanntenkreis alle wissen.
Der Tod eines Beteiligten kann erhebliche Folgen für Trennungs- und/oder Scheidungsverfahren haben.
Rz. 856
Grundsätzlich sind drei Zeiträume zu unterscheiden:
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der Tod während der Trennungszeit |
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der Tod nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags |
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der Tod nach Rechtskraft der Scheidung. |
Die familienrechtlichen und erbrechtlichen Folgen eines Todesfalls sind je nach dem betroffenen Bereich unterschiedlich.
2. Tod eines Beteiligten vor Rechtskraft einer Scheidung
a) Tod vor Rechtshängigkeit
Rz. 857
Mit der Einreichung des Scheidungsantrags wird die Scheidung anhängig.
Stirbt der Antragsgegner vor Zustellung des von seinem Ehepartner eingereichten Scheidungsantrags, also vor Rechtshängigkeit des Verfahrens, ist der Scheidungsantrag unzulässig und damit zurückzunehmen, weil es an einem Beteiligten fehlt.
Geschieht dies nicht, wird das Familiengericht den Antrag als unzulässig abweisen. Einer Kostenentscheidung des Gerichts bedarf es in diesem Fall nicht, da es an einem Gegner fehlt, der die Kostenerstattung fordern könnte.
Rz. 858
Stirbt der Antragstellernach Einreichung des Scheidungsantrags, hat die Zustellung zu unterbleiben. Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, da eine Kostenerstattungspflicht vor Zustellung nicht besteht.
Wird die Zustellung z.B. aus Unkenntnis des Gerichts über das Versterben des Antragstellers gleichwohl vorgenommen, liegt keine Erledigung der Hauptsache i.S.v. § 131 FamFG vor. Die Erben haben den Antrag zurückzunehmen.
Geschieht dies nicht, ist der Antrag mangels Existenz des Antragstellers abzuweisen. Das Verfahren wird nicht gem. § 113 FamFG, § 239 ZPO unterbrochen, da ein Scheidungsantrag nur durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden kann und deshalb für den verstorbenen Antragsteller ein Bevollmächtigter i.S.v. § 246 Abs. 1 ZPO vorhanden sein muss.
Rz. 859
Auf Antrag des Bevollmächtigten des verstorbenen Antragstellers, aber auch auf Antrag des Antragsgegners, wird das Verfahren gem. § 113 Abs. 1 FamFG, § 246 ZPO ggf. ausgesetzt. Der Erbe hat dann die Möglichkeit der Aufnahme des Verfahrens und der Rücknahme des Antrags.
Besteht auf Seiten des verstorbenen Antragstellers eine Erbengemeinschaft, kann jeder Miterbe das Verfahren aufnehmen, § 2039 Satz 2 BGB.
b) Tod nach Rechtshängigkeit
Rz. 860
Tritt der Tod eines Ehegatten nach Zustellung des Scheidungsantrags, aber vor Rechtskraft der Scheidung ein, ist gem. § 131 FamFG die Hauptsache erledigt. Die Vorschrift stellt eine Ausnahme zu der regelmäßigen Folge des Todes eines Beteiligten im familiengerichtlichen Verfahren nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 239 ZPO dar, wonach das Verfahren lediglich unterbrochen wäre. Dies ist in den besonderen höchstpersönlichen Rechtsbeziehungen der Eheleute zueinander begründet.
aa) Erledigung der Ehesache
Rz. 861
Zur Erledigung der Hauptsache bedarf es keiner entsprechenden Erklärung des überlebenden Ehegatten. Sie tritt von Gesetzes wegen e...