Rz. 31
Die Vorgaben für die Nutzung der Formulare liegt in der grundsätzlichen Nutzungspflicht der unveränderten Formulare nach § 2 ZVFV i.V.m. § 3 Abs. 1 ZVFV. Die Regelung lässt grundsätzlich keine Ausnahmen zu, soweit Abweichungen nicht ausdrücklich in der Verordnung für zulässig erklärt werden. Es handelt sich mithin um ein Verbot der Nutzung geänderter Formulare mit Erlaubnisvorbehalt. Diese Ausnahmen bestimmt vor allem § 3 Abs. 2 ZVFV, der sich insoweit als Ausnahme zur in § 2 ZVFV niedergelegten Regel präsentiert. Die grundsätzliche Unzulässigkeit von Abweichungen besteht dabei unabhängig von der Art und Weise, wie die Formulare ausgefüllt werden (handschriftlich oder am PC bzw. elektronisch), von der Form (Schriftstück, Datei oder Datensatz) oder vom Übermittlungsweg (postalisch oder elektronisch).
Rz. 32
§ 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ZVFV regelt die Ausnahmen zu § 2 ZVFV, d.h. die Möglichkeit, die Formulare zu ändern, zu ergänzen, zu erweitern oder zu reduzieren. Die Änderung kann dabei in einer Anpassung in inhaltlicher oder formeller Hinsicht bestehen oder aber in einer Erweiterung oder Verringerung von Text, den Texteingabefeldern, Modulen oder Teilen der Module (Rahmen). Die Aufzählung ist dabei grundsätzlich enumerativ und abschließend. Für die Frage, ob eine Abweichung vorliegt, ist allein die im Bundesgesetzblatt jeweils letzte veröffentlichte Fassung maßgeblich.
Hinweis
Änderungen im Sinne von Ergänzungen und Erweiterungen dienen dabei vor allem der fachlichen Optimierung im Hinblick auf den Vollstreckungserfolg, während die Reduzierung dem Kostenminderungsgebot genügt, wenn Kopier- und Beglaubigungskosten im Rahmen der Zustellung von Beschlüssen an Schuldner und Drittschuldner erspart werden sollen. Letzteres sollte allerdings bei einem zunehmenden elektronischen Rechtsverkehr in der Bedeutung abnehmen, zumal mit dem zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser Auflage geplanten, aber noch nicht beschlossenen Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes 2025 jedenfalls die Beglaubigungskosten entfallen sollen, wenn dem Gerichtsvollzieher der Auftrag nebst Anlagen als elektronisches Dokument überlassen wird.
Rz. 33
§ 3 Abs. 3 ZVFV begründet dann wiederum eine Ausnahme von der Ausnahme, indem er die vorbezeichneten Änderungsmöglichkeiten nach Abs. 2 für Text, der sich innerhalb von Rahmen befindet, die als vom Gericht auszufüllen gekennzeichnet sind, teilweise wieder eingeschränkt. Diese Textfelder müssen stets unverändert erhalten bleiben, damit das Gericht die Dispositionshoheit über den Beschluss behält. Mit der 2. ÄndVO ZVFV wurde dabei klargestellt, dass dies nicht gilt, wenn ein auf die Ausfüllmöglichkeit für das Gericht bezogener Antrag gar nicht gestellt wird, beispielswese also bei den Modulen Q, R und S im Entwurf eines Beschlusses für einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zur privilegierten Vollstreckung.
Zugleich wird die Möglichkeit von Änderungen insoweit eingeschränkt, als dass diese – auch wenn sie nach den weiteren Bestimmungen grundsätzlich zulässig wären – die Verständlichkeit und Lesbarkeit sowie die Zuordnung von Text zu Sinneinheiten nicht beeinträchtigen dürfen.
Rz. 34
Ungeachtet der Regelungen in § 3 ZVFV wird die fortgeltende Rechtsprechung des BGH zum Formularzwang zu beachten sein. Als Ausnahme zur unveränderlichen Nutzungspflicht nach § 2 ZVFV i.V.m. § 3 ZVFV werden die Entscheidungen des BGH vom 13.2.2014 zu beachten sein. Danach können die den Formularzwang für Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss regelnden Rechtsnormen verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Gläubiger vom Formularzwang entbunden ist, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. Das gilt auch unter der ZVFV 2022 fort. Auch hat der BGH es zugelassen, dass der Gläubiger in einem seinen Fall nicht zutreffend erfassenden Rahmen oder Modulen Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen in dem Formular vornehmen kann oder auch das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist.
Andererseits hat der BGH in seiner Rechtsprechung auch deutlich gemacht, dass immer dann, wenn das Formular eine vollständige Eintragungsmöglichkeit bietet, ausschließlich das vorgegebene Formular zu nutzen ist. Insoweit bieten die aktuellen und die neuen Formulare sehr viel mehr und flexiblere Eintragungsmöglichkeiten, was den Spielraum für Änderungen deutlich einschränkt.