Rz. 2
Anders als noch in § 1 der GVGA 2015 wird ein generelles Formular für die Beauftragung des Gerichtsvollziehers (Anlage 1 ZVFV) ohne die Beschränkung auf privatrechtliche Antragsteller und die Beauftragung der Vollstreckung wegen Geldforderungen eingeführt. Das Formular bildet neben der Zustellung die Beauftragung des Gerichtsvollziehers im Rahmen seiner Regelbefugnissen nach § 802a ZPO ab.
Von der generellen Einführung des Formulars ist dessen Verbindlichkeit im Sinne der Nutzungspflicht zu unterscheiden, die erst in § 2 ZVFV geregelt wird. Das Formular kann also über die bloße Vollstreckung von Geldforderungen hinaus auch etwa bei der Räumungsvollstreckung als Form der Herausgabevollstreckung genutzt werden.
Hinweis
Ob dies sinnvoll ist, ist von der Frage abhängig, welche Möglichkeiten die Software des Anwenders bietet. Generell die Module A bis C für den Gläubiger, Schuldner und Vollstreckungstitel auch bei Anträgen ohne Formularpflicht nutzen zu können, erscheint als Vorteil. Dies gilt erst recht, wenn hinter dem Formular ein nutzbarer strukturierter Datensatz steht.
Diese Bandbreite der Formulare zeigt schon der Verweis auf § 753 Abs. 1 ZPO in § 1 Abs. 1 ZVFV. Anderenfalls hätte auf § 802a ZPO im Abschnitt über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen referenziert werden müssen.
Mit der Einführung eines Formulars mit der Möglichkeit eines über die Vollstreckung von Geldforderungen hinausgehenden Anwendungsbereichs schafft der Verordnungsgeber schon jetzt die Möglichkeit einer späteren Erweiterung der Nutzungspflicht nach § 2 ZVFV. Das wird vor allem im Kontext des zunehmenden und sich zum 1.1.2026 finalisierenden elektronischen Rechtsverkehrs von besonderer Bedeutung sein und begründet die Notwendigkeit, bei der Integration der Formulare in die eigene Software dies schon mitzudenken. Gerade Rechtsanwälte sollten die Erweiterungen des Formulars für Anträge auf Räumung, Herausgabe und Auskunft im gleichen Stil optional mitberücksichtigen. Sie können also optionale Ergänzungen zu Modul "O" - weitere Aufträge - vorsehen.
Dies gelingt insbesondere dann, wenn die Software in der Lage ist, die Leerzeilen in beliebiger Zahl zu multiplizieren.
Rz. 3
Der Auftrag an den Gerichtsvollzieher steht im unmittelbaren und untrennbaren Zusammenhang zu der hierauf bezogenen Forderungsaufstellung nach Anlage 6 der ZVFV. Anders als bei der Forderungsvollstreckung (hier Anlage 7 – gewöhnliche Forderungen – und Anlage 8 – Unterhaltsforderungen) und auch anders als noch im Referentenentwurf vorgesehen, differenziert die Anlage 6 dabei nicht zwischen der Einziehung von Unterhaltsforderungen und anderen (gewöhnlichen) Geldforderungen. Unabhängig von der Qualifizierung der vom Gerichtsvollzieher einzuziehenden Forderung ist immer Anlage 6 der ZVFV zu verwenden.
Rz. 4
Das Formular enthält künftig keine amtlichen Ausfüllhinweise mehr; § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GVFV 2015 hat keine Entsprechung in der ZVFV gefunden. Dies ist auch richtig, weil es hierfür an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt.
Hinweis
Das Bundesministerium der Justiz stellt allerdings – unverbindliche – Ausfüllhinweise auf seiner Webseite bereit. Die Unverbindlichkeit ergibt sich einerseits daraus, dass es für amtliche Ausfüllhinweise an einer Rechtsgrundlage fehlt, andererseits dass die auf der Website des BMJ zu findenden Hinweise zum Ausfüllen der Formulare schon formell nicht Bestandteil der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung geworden sind.
Es bleibt zu berücksichtigen, dass die Hinweise nicht immer aktuell sein müssen. So ist im Hinweisblatt die Angabe von vergangenen Zahlungen angesprochen (S. 4), obwohl diese in der Anlage 6 gerade nicht mehr angegeben werden müssen, was im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht. Auch die 2. ÄndVO ZVFV ergänzt die Anlage 6 zwar um Saldierungen der Forderungen, bringt aber trotz der Forderungen aus der Praxis keine Möglichkeiten zur Eintragung von vorherigen Teilzahlungen oder durch diese verrechnete Zinsen und Kosten. Dies steht im Einklang mit der höchstrichterlichen Praxis, nach der die Vollstreckungsorgane nicht berechtigt sind, die Verrechnung nach §§ 366, 367 BGB zu prüfen. Dies obliegt allein dem Schuldner über die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO, wenn der Gläubiger auf die schuldnerische Zahlung eine Zahlungsverrechnung vornimmt, die nicht akzeptiert werden soll. Faktisch wird damit nämlich der materiell-rechtliche Erfüllungseinwand geltend gemacht.