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Die Forderungsaufstellungen waren bereits in der Vergangenheit das größte Problem der eingeführten Formulare nach der ZVFV 2012 und der GVFV 2015. Während die GVFV 2015 diese immerhin schon als Anlage kannte, war sie nach der ZVFV 2012 in den Beschlussentwurf für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (dort S. 3) integriert. In der Sache korrespondierten die Forderungsaufstellungen allerdings nicht mit den Forderungsaufstellungen in den klassischen Softwareprodukten für die Forderungseinziehung. Diese zeichnen einen historischen Verlauf der Forderung nach, was diese aus sich heraus verständlich macht. Nicht wenige Gerichtsvollzieher und Vollstreckungsgerichte waren den Gläubigern bzw. ihren Bevollmächtigten dankbar, wenn sie den Aufträgen eine historische Forderungsaufstellung beigefügt haben. Teilweise wurde und wird die Vorlage einer solchen Gesamtforderungsaufstellung auch verlangt. Vor dem Hintergrund der rechtlichen Anforderungen und der Regelungen in § 3 ZVFV ist dies aber mit der ZVFV 2022 nicht mehr zulässig.
Die damaligen ebenso wie die heutigen Forderungsaufstellungen in den Anlagen 6 bis 8 ZVFV stellen dagegen Zusammenfassungen dar, die in komplexeren Konstellationen gerade nicht mehr aus sich heraus verständlich sind. Dies zeigt sich gerade dann, wenn eine Vielzahl von Hauptforderungen mit unterschiedlich hierauf zu verrechnenden Teilzahlungen, unterschiedlichen Zinszeitpunkten und ggf. auch Zinssätzen abzubilden sind. Schon bei Forderungen aus einem Mietverhältnis (als ein Standardfall), die sich über viele Monate mit unterschiedlichen Beträgen ziehen und Mietzinsansprüche, Nebenkostenansprüche und Schadensersatzansprüche umfassen, kann dies in der Darstellung der Formulare kompliziert werden.
Diese Problematik löst die ZVFV 2022 ebenso wenig wie die beiden Ergänzungen zur Saldierung mit der 2. ÄndVO ZVFV. Obwohl die klassischen Forderungsaufstellungen insbesondere von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern alle maßgeblichen Angaben enthalten, konnte sich der Verordnungsgeber nicht dazu durchringen, die Vorlage solcher Forderungsaufstellungen als Anlage zu den jeweiligen Anträgen zuzulassen. Dies überrascht nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Gerichtsvollzieher und Vollstreckungsgerichte in der Praxis regelmäßig genau diese Forderungsaufstellungen anfordern. Ein sachlicher Grund für die gewählte Vorgehensweise ist nicht zu sehen. Zwar enthalten die Forderungsaufstellungen der Rechtsdienstleister auch die erfolgten Zahlungen des Schuldners in der Vergangenheit und zeigen die von dem Gläubiger vorgenommenen Verrechnungen auf Kosten, Zinsen und Hauptforderung nach Maßgabe der §§ 366, 367 ZPO. Höchstrichterlich entschieden ist zwar, dass die Verrechnung dem materiellen Recht unterworfen und damit von den Vollstreckungsorganen nicht zu prüfen ist. Um dies sicherzustellen, hätte es allerdings keiner eigenständigen Forderungsaufstellungen bedurft. Die mangelnde Prüfungskompetenz der Vollstreckungsorgane und die Möglichkeit für den Gläubiger, dies im Wege der Erinnerung oder sofortigen Beschwerde auch durchzusetzen, wäre ausreichend gewesen, um dies zu gewährleisten. Für die Gerichtsvollzieher hätte eine Ergänzung der Gerichtsvollziehergeschäftsanweisung in Betracht gezogen werden können, die das Verbot der Prüfung von Zahlungsverrechnungen ausdrücklich regelt. Dies gilt umso mehr, als sowohl der Gerichtsvollzieher-Auftrag in Modul D als auch der Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses oder Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Möglichkeit vorsieht, eine Aufstellung über die geleisteten Zahlungen als Anlage zu übermitteln, wenn dies im Einzelfall zwar nicht rechtlich zwingend, aber zweckmäßig ist.
Hinweis
Vor dem Hintergrund der höchstrichterlich geklärten Frage, dass insoweit keine Prüfungskompetenz der Vollstreckungsorgane für eine zutreffende Verrechnung durch den Gläubiger besteht und dem Schuldner die Möglichkeit verbleibt, nach § 767 ZPO im Wege der Vollstreckungsgegenklage eine aus seiner Sicht unzutreffende Verrechnung zu beanstanden, kann dem Gläubiger oder seinem Bevollmächtigten nicht geraten werden, eine solche Aufstellung der bisherigen Zahlungen vorzulegen. Eine Rechtsgrundlage für ein Verlangen nach einer Zahlungsaufstellung fehlt. Es obliegt dem Schuldner, die (Teil-)Erfüllung darzulegen und zu beweisen. Nachweise des Schuldners i.S.d. § 775 ZPO führen dabei nur zur einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung. Einen Abschluss kann wiederum nur der Schuldner über den Weg der Vollstreckungsgegenklage erreichen, §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO. Sich darauf einzulassen, verzögert die Zwangsvollstreckung und begründet damit die Gefahr von Rangverlusten nach § 804 Abs. 3 ZPO.
Die Problematik des elektronischen Rechtsverkehrs sowie der Übermittlung strukturierter Daten hätte dadurch gelöst werden können, dass den Softwareherstellern aufgegeben wird, die maßgeblichen Daten auf ihren Forderungsaufstellungen in bestimmter Weise darzustellen. Dies gilt umso mehr als di...