Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 11
Konzernversetzungsklauseln scheinen in den vergangenen Jahren aus der Mode geraten zu sein. Tatsächlich unterliegen sie seit Erstreckung der AGB-Kontrolle auf Arbeitsverhältnisse erheblichen Wirksamkeitsrisiken. Darüber hinaus sind sie Schlüssel zu einem konzerndimensionalen Kündigungsschutz, und das unabhängig von der Wirksamkeit der Konzernversetzungsklausel und unabhängig davon, ob die Klausel eine Abordnung oder einen Vertragsarbeitgeberwechsel ermöglicht. Die am Beispiel von Matrixklauseln (vgl. § 4 Rdn 95 ff.) bereits beschriebene Problematik eines unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungsanspruchs bei betriebsbedingten Kündigungen stellt sich hierbei in besonderer Deutlichkeit.
Rz. 12
Klauseln, die die vorübergehende Abordnung zu einem anderen Konzernunternehmen ermöglichen, werden weithin als zulässig erachtet. Der Vertragsarbeitgeber werde nicht ausgetauscht; die Auswirkungen seien keine anderen als bei ortsbezogenen Versetzungsklauseln. Damit lassen sich über Abordnungsklauseln Konstellationen wie eine vorübergehende, konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung im Standardarbeitsvertrag individualrechtlich abbilden.
Rz. 13
Klauseln, die einen Vertragsarbeitgeberwechsel ermöglichen, werden hingegen äußerst kritisch gesehen. Das Meinungsspektrum ist vielfältig, klärende höchstrichterliche Rechtsprechung steht aus. § 309 Nr. 10 BGB wird aufgrund der Besonderheiten des Arbeitsrechts zumeist als nicht einschlägig erachtet; erhebliche Anforderungen an derlei Konzernversetzungsklauseln werden dann aber aufgrund der gemäß § 307 Abs. 1 BGB gebotenen Angemessenheitskontrolle gestellt. So soll es etwa unangemessen sein, wenn die Klausel den Arbeitgeber in die Lage versetzen würde, den Arbeitnehmer ohne ersichtlichen Grund an ein anderes Konzernunternehmen vertraglich zu binden und den Arbeitsvertrag so zu lösen. Für diese Auffassung dürfte einiges sprechen, allein wenn man sich ggfs. verändernde Insolvenzrisiken oder mögliche Auswirkungen auf den kündigungsschutzrechtlichen Rahmen vergegenwärtigt. Fordert man dann aber – wie im Musterbeispiel – "dringende betriebliche Erfordernisse" oder "hinreichend schwerwiegende Gründe", macht das Konzernversetzungsklauseln aus Arbeitgebersicht weithin wertlos. Darüber hinaus wird mit Blick auf die gemäß § 307 Abs. 1 BGB ebenfalls vorzunehmende Transparenzkontrolle diskutiert, dass die ggfs. aufnehmenden Konzernunternehmen konkret benannt werden müssen. Angesichts sich häufig ändernder Konzernstrukturen dürfte eine solche Anforderung kaum zu erfüllen sein. Dass das BAG für unternehmensbezogene, örtliche Versetzungsklauseln eine Konkretisierungspflicht abgelehnt hat, dürfte an dieser Stelle kaum verlässlicher Gradmesser sein. Zu bedeutend ist die Frage, wer als möglicher Vertragspartner in Betracht kommt (Insolvenzrisiken etc.). Das rechtfertigt erhöhte Anforderungen an die Transparenzkontrolle.
Das verdeutlicht, dass Konzernversetzungsklauseln, die einen Vertragsarbeitgeberwechsel ermöglichen, nach derzeitigem Stand der Diskussion mehr Risiko als Chance sind. Letztlich bleibt die Rechtsprechungsentwicklung aber abzuwarten.