Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
a) Form, § 74 Abs. 1 HGB
Rz. 211
Sollte nach hinreichender Abwägung die Entscheidung zugunsten der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ausfallen, sind vor allem mit Blick auf die §§ 74ff. HGB zahlreiche formale und inhaltliche Anforderungen zu beachten, damit dieses wirksam und verbindlich ist, um somit Wettbewerbshandlungen auch nach Vertragsende effektiv verhindern zu können.
Rz. 212
Die Vorschrift des § 74 Abs. 1 HGB enthält zunächst ein sehr strenges Formerfordernis, denn erforderlich ist nicht nur die Schriftform, sondern auch die Aushändigung einer vom Arbeitgeber original unterzeichneten Abschrift der Vereinbarung. Da hier der Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieses strengen Formerfordernisses trägt, empfiehlt es sich, eine (separate) schriftliche Bestätigung des Arbeitnehmers einzuholen, eine derart unterschriebene Abschrift vom Arbeitgeber erhalten zu haben.
b) Weiter Umfang (Abs. 1): Geltungserhaltende Reduktion gem. § 74a Abs. 1 HGB
Rz. 213
Was den Umfang eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots angeht, sind in der Praxis auch engere Formulierungen geläufig, die insbesondere den sachlichen und/oder räumlichen Geltungsbereich von Wettbewerbsverboten auf bestimmte Branchen bzw. Tätigkeiten (bspw. als Vertriebsmitarbeiter im Banksektor) bzw. bestimmte Räume (bspw. Deutschland) beziehen. Der Nachteil eines derartigen Ansatzes besteht allerdings darin, dass auch bei jeder Eingrenzung unklar bleibt, ob genau dieses passgenau beschränkte Wettbewerbsverbot vom geschäftlichen Interesse nach § 74a HGB gedeckt ist oder jedenfalls in marginalen Teilen darüber hinausgeht, zum anderen lässt sich der exakte Umfang eines möglichen Interesses an einer Unterbindung von Wettbewerb aber auch vorab nur sehr schwer derart passgenau definieren.
Rz. 214
Deshalb empfiehlt es sich, den Geltungsbereich eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots möglichst weit zu formulieren. Rechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht. Zwar werden Teile eines solchen Verbots ggf. nicht von den durch § 74a Abs. 1 HGB geforderten geschäftlichen Interessen gedeckt sein (gerade in einem globalisierten Arbeitsumfeld ggf. aber doch), gleichwohl ist dies unschädlich, denn § 74a Abs. 1 HGB sieht ausdrücklich eine geltungserhaltende Reduktion vor, sodass das Wettbewerbsverbot selbst bei einer zu weiten Formulierung stets insoweit wirksam bleibt, wie es von einem geschäftlichen Interesse gedeckt ist.
c) Karenzentschädigung (Abs. 2)
Rz. 215
Wie bereits ausgeführt, ist die Vereinbarung einer Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgegebenen Höhe zwingende Voraussetzung für ein verbindliches Wettbewerbsverbot. Was die Höhe der Karenzentschädigung angeht, definiert das Gesetz in § 74 Abs. 2 HGB ein Mindestvolumen, wonach für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen zu zahlen ist.
Rz. 216
Was die vertragliche Abbildung dieser Mindestkarenzhöhe angeht, ist zu empfehlen, die Klausel so eng wie möglich an diese abstrakten gesetzlichen Vorgaben anzulehnen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung aus jeder noch so marginalen Abweichung von der Karenzmindesthöhe die Unverbindlichkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ableitet. Von der exakten Definition einer Mindesthöhe oder der vertraglichen Abbildung von klar definierten Berechnungsparametern im Vertrag selbst ist daher dringend abzuraten, weil ein derartiges Vorgehen stets mit dem Risiko verbunden ist, eine unzureichende Karenzentschädigung zu vereinbaren, was zu einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot führt mit der Folge eines Wahlrechts für den Mitarbeiter, ob er das Wettbewerbsverbot einhält und die vereinbarte Karenzentschädigung bezieht oder das Verbot schlicht ignoriert. Die vorliegende, an die gesetzliche Vorgabe angelehnte Formulierung hat sich im Übrigen auch in der Praxis weitestgehend durchgesetzt.
Rz. 217
Im Zusammenhang mit der Karenzentschädigung ist zudem darauf hinzuweisen, dass Umgehungsmodelle wenig zweckdienlich sind. Dies gilt vor allem mit Blick auf sog. bedingte Wettbewerbsverbote, mit denen sich der Arbeitgeber die Entscheidung darüber vorbehalten will, ob das Verbot (einschließlich der Karenzpflicht) in Kraft treten soll oder nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob dies in Form ausdrücklicher Vorbehalte, Rücktritts- oder Verzichtsrechte oder vergleichbarer vertraglicher Konstruktionen versucht wird. Die Rechtsprechung hat sich in der Vergangenheit mit einer Vielzahl derartiger Regelungsversuche beschäftigt, stets mit der Folge, dass solche bedingten Wettbewerbsverbote unverbindlich sind, d.h. der Mitarbeiter auch hier ein Wahlrecht hat, ob er das Wettbewerbsverbot einhält und die vereinbarte Karenzentschädigung bezieht oder das Verbot schlicht ignoriert.
d) Vertragsstrafe (Abs. 3)
Rz. 218
Im Zusammenhang mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten gilt der Grundsatz, wonach eine Vertragsstrafe wesentlicher Bestandteil einer ...