Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 53
Auf Grundlage der aktuellen Rechtsprechung, muss ein wirksamer abstrakter Freiwilligkeitsvorbehalt jedenfalls folgende Anforderungen erfüllen:
aa) Inhaltskontrolle
Rz. 54
Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf kein laufendes Arbeitsentgelt erfassen, sondern muss sich auf reine Sonderzahlungen beschränken. Diese Differenzierung verhindert die Aushöhlung vertraglicher Ansprüche und der synallagmatischen Leistungsverknüpfung. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich auf die Beständigkeit der monatlich zugesagten Zahlung einer Vergütung vertrauen können, da er gerade im Hinblick hierauf seine Arbeitsleistung erbringt.
Diese Beschränkung gilt nicht nur für die Grundvergütung, sondern auch für zusätzliche regelmäßige Zahlungen, die von den Parteien als Teil der Arbeitsvergütung und damit als unmittelbare Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer zu erbringende Arbeitsleistung vereinbart werden ("pacta sunt servanda"). Eine Abgrenzung ist dabei freilich nicht immer einfach. Nach der Rechtsprechung werden jedenfalls monatlich zu zahlende Leistungszulagen und erfolgsbezogene variable Vergütungsbestandteile einer Flexibilisierung mittels Freiwilligkeitsvorbehalts entzogen. Gleiches wird auch für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, deren Veränderung grundsätzlich am sog. Drei-Stufen-Modell des BAG zu messen ist, oder auch für die Möglichkeit der Privatnutzung des Dienstwagens anzunehmen sein.
bb) Transparenzanforderungen
Rz. 55
Der Freiwilligkeitsvorbehalt muss klar und verständlich i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB formuliert sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen. Er darf insbesondere nicht im Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen. Demnach genügt es nach nunmehr ständiger Rechtsprechung für den wirksamen Ausschluss eines Rechtsanspruchs längst nicht, dass lediglich die Freiwilligkeit einer Leistung vereinbart wird. Entscheidend ist vielmehr der zusätzliche ausdrückliche Hinweis auf das Nichtentstehen einer Rechtspflicht zur Leistung. Die Verbindung von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt ist widersprüchlich und daher intransparent: Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der das Entstehen einer Rechtspflicht gerade verhindern soll, kann bereits denklogisch nicht mit einer Regelung verknüpft werden, die gerade das Bestehen eines Anspruchs voraussetzt. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt ist weiterhin auch dann widersprüchlich und unwirksam, wenn er Formulierungen enthält, die einen Rechtsanspruch nahelegen. An dieser Stelle wird es sprachlich durchaus spitzfindig: Zum einen sind Regelungen unwirksam, die ausdrücklich auf einen Anspruch hinweisen (Bsp. für eine unzulässige Regelung: "Der Anspruch auf Zahlung einer Sonderzahlung entfällt _____"). Zum anderen genügt es für die Unwirksamkeit eines Freiwilligkeitsvorbehalts bereits, wenn ein an sich neutrales Verb bei der Beschreibung etwaiger künftiger Leistungen verwendet wird, das nach der Rechtsprechung einen Anspruch nahelegen könnte. Beispielsweise sind Formulierungen unzulässig, in denen etwaige Sonderleistungen durch den Arbeitgeber "gewährt/gezahlt" werden oder die der Arbeitnehmer "erhält". Schließlich liegt das Bestehen eines vertraglichen Anspruchs auch dann nahe, wenn Sonderleistungen des Arbeitgebers in einem Formulararbeitsvertrag nach Voraussetzungen und Höhe präzise festgelegt werden. In keinem Fall sollten daher etwa Regelungen zur vorsorglichen Begrenzung etwaiger künftiger Leistungen aufgenommen werden (z.B. Pro-Rata-Regelung; Staffelung nach Betriebszugehörigkeit).