Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
I. Freiwilligkeitsvorbehalt
1. Pauschaler Freiwilligkeitsvorbehalt
a) Musterklausel
Rz. 50
Muster 3.7: Freiwilligkeitsvorbehalt
Muster 3.7: Freiwilligkeitsvorbehalt
Der Arbeitnehmer erkennt an, dass etwaige künftige Sonderzahlungen des Arbeitgebers (z.B. Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Jubiläumszahlung, sonstige Gratifikationen), die im vorliegenden Anstellungsvertrag nicht vorgesehen sind und auf die der Arbeitnehmer auch im Übrigen keinen Rechtsanspruch hat, freiwillige Leistungen des Arbeitgebers darstellen und auch nach wiederholter, vorbehaltsloser Gewährung kein Anspruch auf die Fortsetzung der Leistungsgewährung in der Zukunft begründet wird.
b) Grundlagen
Rz. 51
Der Aussage, dass früher vieles einfacher war, kann jedenfalls mit Blick auf den Freiwilligkeitsvorbehalts zugestimmt werden. Früher enthielten viele Standardarbeitsverträge eine entsprechende, pauschal gefasste Regelung, die verhindern konnte, dass der Arbeitgeber sich durch die Erbringung freiwilliger, d.h. jedenfalls nicht arbeitsvertraglich uneingeschränkt zugesagter Zahlungen (Jahressonderzahlungen, Gratifikationen, Jubiläumszahlungen, Prämien etc.) auch zu künftiger Zahlung verpflichtet. Die Implementierung einer entsprechenden betrieblichen Übung wurde im Wege eines abstrakten arbeitsvertraglichen Freiwilligkeitsvorbehalts verhindert. Der Arbeitgeber konnte sich die Entscheidung vorbehalten, einseitig über die künftige Gewährung der Leistungen und ihre künftige Höhe zu entscheiden und war insbesondere nicht gehalten, eine nur schwer durchsetzbare Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung auszusprechen.
Rz. 52
Das BAG hat die Transparenz- und die Angemessenheitsanforderungen an einen zulässigen Freiwilligkeitsvorbehalt in den letzten Jahren schrittweise erhöht. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt ist insbesondere dann unwirksam und benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, wenn er alle künftigen Leistungen unabhängig von ihrer Art und ihrem Entstehungsgrund erfasst. Manch einer spricht daher bereits vom Tod des Freiwilligkeitsvorbehalts. Zum Teil wird – was allerdings auch keine Wirksamkeitsgarantie ist – insbesondere angesichts der hohen und zum Teil noch nicht näher definierten Transparenzanforderungen empfohlen, zusätzlich zu einem pauschalen, allgemeinen Freiwilligkeitsvorbehalt die Freiwilligkeit einer Leistung stets auch zusätzlich individuell in Bezug auf eine konkrete Zahlung zu vereinbaren.
c) Hinweise zur Vertragsgestaltung
Rz. 53
Auf Grundlage der aktuellen Rechtsprechung, muss ein wirksamer abstrakter Freiwilligkeitsvorbehalt jedenfalls folgende Anforderungen erfüllen:
aa) Inhaltskontrolle
Rz. 54
Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf kein laufendes Arbeitsentgelt erfassen, sondern muss sich auf reine Sonderzahlungen beschränken. Diese Differenzierung verhindert die Aushöhlung vertraglicher Ansprüche und der synallagmatischen Leistungsverknüpfung. Der Arbeitnehmer soll grundsätzlich auf die Beständigkeit der monatlich zugesagten Zahlung einer Vergütung vertrauen können, da er gerade im Hinblick hierauf seine Arbeitsleistung erbringt.
Diese Beschränkung gilt nicht nur für die Grundvergütung, sondern auch für zusätzliche regelmäßige Zahlungen, die von den Parteien als Teil der Arbeitsvergütung und damit als unmittelbare Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer zu erbringende Arbeitsleistung vereinbart werden ("pacta sunt servanda"). Eine Abgrenzung ist dabei freilich nicht immer einfach. Nach der Rechtsprechung werden jedenfalls monatlich zu zahlende Leistungszulagen und erfolgsbezogene variable Vergütungsbestandteile einer Flexibilisierung mittels Freiwilligkeitsvorbehalts entzogen. Gleiches wird auch für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, deren Veränderung grundsätzlich am sog. Drei-Stufen-Modell des BAG zu messen ist, oder auch für die Möglichkeit der Privatnutzung des Dienstwagens anzunehmen sein.
bb) Transparenzanforderungen
Rz. 55
Der Freiwilligkeitsvorbehalt muss klar und verständlich i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB formuliert sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen. Er darf insbesondere nicht im Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Ar...