Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 222
Eine große Gruppe von Arbeitnehmern ist arbeitsvertraglich dazu verpflichtet, bestimmte Arbeitsergebnisse zu schaffen. Andere Arbeitnehmer sind hierzu zwar arbeitsvertraglich nicht verpflichtet, schaffen aber dennoch während ihrer Arbeitszeit oder mit Betriebsmitteln ihres Arbeitgebers solche Arbeitsergebnisse. Darüber hinaus werden von Arbeitnehmern häufig Ergebnisse unabhängig von dem jeweiligen Arbeitsverhältnis und ohne Bezug zu dem Unternehmen des Arbeitgebers geschaffen.
Rz. 223
In all diesen Fällen stellt sich die Frage, wer Inhaber der Rechte an den Ergebnissen ist und welche Rechte und Pflichten den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer treffen.
Ausgangspunkt sämtlicher rechtlicher Überlegungen ist in diesem Zusammenhang das nach deutschem Recht auch im Arbeitsverhältnis geltende sog. "Schöpfungsprinzip". Das "Schöpfungsprinzip" besagt, dass die Rechte an einem Ergebnis immer bei dem menschlichen Schöpfer eines Ergebnisses entstehen. Erfinder einer technischen Erfindung ist daher immer die natürliche Person, die die technische Erfindung geschaffen hat. Gleiches gilt für die Urheberrechte an einem Werk. Diese entstehen immer bei der natürlichen Person, die Schöpfer des jeweiligen Werkes ist. Wenn ein Arbeitgeber die Ergebnisse seiner Mitarbeiter verwerten will, bedarf es daher immer einer gesonderten Übertragung der Nutzungsrechte an dem Ergebnis. Diese Übertragung kann entweder aufgrund gesetzlicher Regelungen oder aber aufgrund vertraglicher Vereinbarungen erfolgen.
Rz. 224
Ausgehend von dem "Schöpfungsprinzip" ist bei der Beantwortung der Frage nach der Zuordnung der Rechte und den Rechten und Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers zwischen Erfindungen und technischen Verbesserungsvorschlägen einerseits und allen weiteren Arbeitsergebnissen andererseits zu differenzieren. Zu diesen anderen Ergebnissen zählen insbesondere alle urheberrechtlich geschützten Werke.
Rz. 225
Sowohl im technischen Umfeld als auch im kreativen Bereich kommt immer häufiger "künstliche Intelligenz" zum Einsatz. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Ergebnisse künstlicher Intelligenz nach aktueller Rechtslage geschützt sind oder künftig geschützt werden sollten, ist Gegenstand kontroverser Diskussionen.
Die Diskussionen beginnen bereits bei der Definition des Begriffs der "künstlichen Intelligenz", da es aktuell schon an einem allgemein anerkannten Verständnis des Begriffs der "Intelligenz" fehlt. Nach überwiegender und zutreffender Auffassung wird unter dem Begriff der "künstlichen Intelligenz" aber eine durch Informationstechnologie nachgeahmte Intelligenz verstanden, bei der durch Algorithmen intelligentes menschliches Verhalten simuliert wird. Die Diskussionen enden bei dem Streit um die Notwendigkeit der Einführung eines neuen Schutzrechts für die Ergebnisse künstlicher Intelligenz.
Basierend auf dem Schöpfungsprinzip geht die ganz überwiegende Auffassung davon aus, dass die von "künstlicher Intelligenz" erzeugten Ergebnisse derzeit weder durch technische Schutzrechte noch urheberrechtlich geschützt werden können. So ist im Bereich des Patentrechts der Erfinder als natürliche Person Voraussetzung für die Entstehung einer patentfähigen Erfindung. Fehlt es an einem Erfinder, liegt auch keine patentfähige Erfindung vor. Entsprechendes gilt für den Bereich des Urheberrechts. Denn durch das Urheberrecht werden nur persönliche geistige Schöpfungen von natürlichen Personen als Schöpfer eines Werks geschützt. Das Urheberrecht ist ein Schutzrecht für menschliches geistiges Schaffen. Ausnahmsweise denkbar ist aber ein Schutz von Ergebnissen "künstlicher Intelligenz" nach den Grundsätzen des ergänzenden gewerblichen Leistungsschutzes.
Eine andere Frage ist, ob die "künstliche Intelligenz" von einer natürlichen Person lediglich als Hilfsmittel oder Werkzeug für ihr kreatives Schaffen eingesetzt wird. Ist dies der Fall, sind die Ergebnisse grundsätzlich nach den allgemeinen Regelungen als technische Schutzrechte oder urheberrechtlich schutzfähig.
Da die von "künstlicher Intelligenz" erzeugten Ergebnisse allerdings oft eine erhebliche wirtschaftliche Werthaltigkeit haben und in diesem Zusammenhang ein berechtigtes Schutzinteresse besteht, sollte darüber nachgedacht werden, künftig einen sachgerechten Schutz durch eine international abgestimmte Einführung einer entsprechenden Regelung, etwa in Anlehnung an das auf der Ebene der Europäischen Union eingeführte Recht der Datenbanken, zu schaffen.
Rz. 226
Für Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge gelten die Bestimmungen des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG). Von dem Anwendungsbereich des ArbnErfG werden solche Ergebnisse eines Arbeitnehmers erfasst, die entweder patentfähig i.S.d. Patentgesetzes (PatG) oder gebrauchsmusterfähig i.S.d. Gebrauchsmustergesetzes (GebrMG) sind oder jedenfalls einen technischen Verbesserungsvorschlag umfassen. Nur diese Ergebnisse sind Gegenstand der vorstehenden Musterklausel und der nachstehenden H...