Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 121
Grundsätzlich könnte man es sich sehr einfach machen. Einer vertraglichen Regelung des Urlaubs bedarf es aufgrund der schon im Bundesurlaubsgesetz vorgesehenen Regelungen nicht zwingend. Allerdings gewähren zum einen die meisten Arbeitgeber mehr Urlaub als gesetzlich gefordert, etwa um für Arbeitnehmer attraktiv zu sein. Zum anderen dürfte ein Vertrag ohne Urlaubsregelung die meisten Arbeitnehmer irritieren. Gleichzeitig wird gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG vom Arbeitgeber verlangt, die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs zumindest unter Verweis auf die Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes nachzuweisen. Ausweislich § 2 Abs. 5 NachwG kann ein schriftlicher Arbeitsvertrag als solcher Nachweis dienen. Die Regelungstiefe richtet sich – vorbehaltlich ggf. anwendbarer, entgegenstehender Tarifregelungen – zudem insbesondere danach, ob der Arbeitgeber bezüglich des schon aufgrund gesetzlicher Vorgaben zu gewährenden (Mindest-)Urlaubs und des rein aufgrund vertraglicher Zusage zusätzlich zu gewährenden Urlaubs in der praktischen Abwicklung unterscheiden möchte. Eine solche Unterscheidung ist insbesondere mit Blick auf das mögliche Erfordernis einer Abgeltung noch bestehender Urlaubsansprüche nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Bedeutung. Es ist durchaus sinnvoll, insoweit von bestehenden Gestaltungsspielräumen Gebrauch zu machen.
1. Umfang des Urlaubsanspruchs
Rz. 122
Es bietet sich an, zwischen dem aufgrund gesetzlicher Vorgaben und dem zusätzlich aufgrund vertraglicher Zusage zu gewährenden Urlaub zu unterscheiden. Hintergrund ist die erwähnte Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie durch den EuGH und deren Auswirkungen auf die Anwendung des deutschen Urlaubsrechts. Das BAG hat in nunmehr ständiger Rechtsprechung erklärt, dass die unionsrechtlichen Vorgaben ausschließlich den gesetzlichen Anspruch von vier Wochen betreffen und der übergesetzliche Urlaub durchaus abweichend geregelt werden kann. Insoweit bedürfe es allerdings "deutlicher Anhaltspunkte", wofür mit der Differenzierung in Abs. 1 des Klauselvorschlags ein Grundstein gelegt wird. Der EuGH – und ihm nun folgend das BAG – geht etwa davon aus, dass ein aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht gewährter und genommener Urlaubsanspruch nicht bereits mit Ablauf eines "normalen" Übertragungszeitraums, wie z.B. in § 7 Abs. 3 S. 2, 3 BUrlG festgehalten, verfällt, sondern erst nach einem weiteren Übertragungszeitraum. Der EuGH hat einen Zeitraum von 15 Monaten nach Ablauf des ursprünglichen Urlaubsjahres als ausreichend angesehen. Das BAG legt § 7 Abs. 3 S. 2, 3 BUrlG entsprechend dieser Vorgaben durch den EuGH europarechtskonform aus.
Rz. 123
Während die Arbeitszeitrichtlinie von einem Mindesturlaub von vier Wochen ausgeht (Art. 7), legt das Bundesurlaubsgesetz einen Zeitraum von 24 Urlaubstagen fest, § 3 BUrlG. Da dieser auf der Basis von sechs Werktagen pro Woche bemessen wird, sind beide Zeiträume letztlich gleich lang. Bei der Definition des Umfangs des Urlaubsanspruchs sollte daher die Anzahl der Arbeitstage pro Woche berücksichtigt werden. Bei einer Veränderung der Verteilung der Arbeitszeit auf eine andere Anzahl an Arbeitstagen pro Woche (mit oder ohne Veränderung der wöchentlichen Arbeitszeit), ist der Urlaubsanspruch grundsätzlich entsprechend umzurechnen. Der EuGH geht allerdings davon aus, dass bei einer Veränderung der Verteilung der Arbeitstage aufgrund einer Verringerung der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit zumindest der bis zu diesem Zeitpunkt erdiente Urlaubsanspruch nicht gekürzt werden dürfe. Eine solche Kürzung würde eine nicht zu rechtfertigende Benachteiligung von Teilzeitarbeitnehmern darstellen. An dieser Stelle kollidieren europäisches und deutsches Urlaubsrecht erneut. Der EuGH geht davon aus, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers nach Zeitabschnitten ratierlich entsteht. Das deutsche Urlaubsrecht geht jedoch grundsätzlich davon aus, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der Wartezeit des § 4 BUrlG und außerhalb der Regelungen des § 5 Abs. 1 BUrlG zu Beginn eines jeden Urlaubsjahres den vollen Urlaubsanspruch für das Urlaubsjahr unmittelbar erwirbt. Eine Unterscheidung zwischen Phasen vor und nach einem Wechsel der Arbeitszeit im Umfang und der Verteilung sieht das deutsche Urlaubsrecht also an sich nicht vor. In der Anwendung kann dies – wie das BAG anschaulich dargestellt hat – zu absurden Ergebnissen führen. Zwischenzeitlich hat das BAG seine Rechtsprechung auch hinsichtlich der ratierlichen Betrachtung des Entstehens des Urlaubsanspruchs der des EuGH angenähert.
Rz. 124
Zu beachten ist des Weiteren, dass sich bei einer Änderung des Umfangs der wöchentlichen Arbeitszeit Auswirkungen auch auf das für den jeweiligen Urlaubstag zu zahlende Entgelt ergeben können. Ausweislich der Rechtsprechung des EuGH und – auch hier folgend – des BAG verbleibt e...