Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 138
Die vorgeschlagene Vertragsklausel orientiert sich stark an den gesetzlichen Vorschriften im Entgeltfortzahlungsgesetz. Eine umfangreiche Regelung im Vertrag dient in erster Linie der Verdeutlichung gegenüber dem Arbeitnehmer, welche Pflichten ihm obliegen.
1. Anzeige der Arbeitsverhinderung
Rz. 139
Um dem Arbeitgeber zu ermöglichen, auf Ausfälle seiner Arbeitnehmer zu reagieren, sollen diese den Arbeitgeber zum einen über die Verhinderung an sich, zum anderen über gegebenenfalls anstehende Arbeiten informieren. Dies stellt grundsätzlich bereits eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht dar, die sich für den Fall krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit aus § 5 Abs. 1 S. 1 EFZG ergibt.
2. Erweiterte Informationspflicht des Arbeitnehmers
Rz. 140
Aufgrund welcher Erkrankung der Arbeitnehmer an der Erbringung der Arbeitsleistung gehindert ist, ist für den Arbeitgeber grundsätzlich nicht von Belang. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers geht insoweit dem Informationsinteresse des Arbeitgebers vor. Allerdings muss der Arbeitgeber nicht nur die Persönlichkeitsrechte des bereits erkrankten Arbeitnehmers beachten bzw. schützen, sondern z.B. im Fall ansteckender, schwerwiegender Erkrankungen auch die Persönlichkeitsrechte einschließlich der körperlichen Unversehrtheit seiner weiteren Arbeitnehmer. In diesem Fall kann der Arbeitgeber daher von dem erkrankten Arbeitnehmer Informationen über die Erkrankung einfordern bzw. ist der Arbeitnehmer von sich aus verpflichtet, den Arbeitgeber hierüber zu informieren.
Rz. 141
Zu erwägen ist, im Vertrag eine erweiterte Informationspflicht des Arbeitnehmers auch für die Fälle vorzusehen, die zu einem Entfall der Entgeltfortzahlungspflicht gem. § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG führen können. Dies sollte jedoch wohl abgewogen werden, kann dies doch als grundsätzliches Misstrauen gegenüber dem Arbeitnehmer aufgefasst werden. Zudem bleibt es dem Arbeitgeber unbenommen, über die gesetzliche Krankenversicherung und gegebenenfalls den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung überprüfen zu lassen, vgl. § 275 SGB V. Bei privat krankenversicherten Arbeitnehmern besteht diese Möglichkeit allerdings nicht.
Rz. 142
Der ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt eine tatsächliche Vermutungswirkung dahingehend zu, dass der Arbeitnehmer infolge Krankheit arbeitsunfähig ist. Will der Arbeitgeber etwa aufgrund der Annahme, dass eine Fortsetzungserkrankung vorliegt, die Entgeltfortzahlung einstellen, hat er eine abgestufte Darlegungs- und Beweislastverteilung zu beachten. Der Arbeitnehmer hat zunächst die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit an sich sowie deren Beginn und Ende, wofür er sich grundsätzlich auf eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stützen kann. Die Folgen einer Nichterweislichkeit einer Fortsetzungserkrankung hat hingegen der Arbeitgeber zu tragen. Allerdings muss der Arbeitnehmer zur Widerlegung der arbeitgeberseitigen Annahme eines Fortsetzungszusammenhangs zwischen verschiedenen Erkrankungszeiträumen detailliert seine Erkrankungen darlegen. Dies stellt eine Herausforderung für den Arbeitnehmer dar, muss er doch gegenüber dem Arbeitgeber sehr private Informationen offenlegen.
3. Feststellungs- bzw. Vorlage- und Nachweispflichten
Rz. 143
Die Klausel gibt grundsätzlich die gesetzliche Regelung wieder und berücksichtigt dabei die jüngsten Gesetzesänderungen zur sog. elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Gesetzesänderung betrifft Arbeitnehmer, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse sind, sofern kein Ausnahmetatbestand (vgl. § 5 Abs. 1a S. 3 EFZG) vorliegt. Diese müssen seit dem 1.1.2023 dem Arbeitgeber keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr vorlegen. Allerdings sind sie dazu verpflichtet, ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zu den entsprechenden Zeitpunkten ärztlich feststellen und sich eine ärztliche Bescheinigung aushändigen zu lassen. Diese Daten werden an die zuständige Krankenkasse übermittelt, wo sie in elektronischer Form als Meldung zum Abruf durch den Arbeitgeber bereitgestellt werden. Für die übrigen Arbeitnehmer (also insbesondere für privat krankenversicherte Beschäftigte) ist es bei der bisherigen Vorlage- bzw. Nachweispflicht geblieben. Mit Blick auf die Pflicht zur Anzeige der Arbeitsverhinderung selbst haben sich ebenso keine Änderungen ergeben. Genauso bleibt es dem Arbeitgeber wie auch schon bisher unbenommen, die Feststellung bzw. den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit früher als gesetzlich vorgesehen zu verlangen. Die Einforderung einer ärztlichen Bescheinigung etwa bereits ab dem ersten Erkrankungstag steht – vorbehaltlich der Beachtung d...