Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 158
Ansatzpunkt für die Vertragsgestaltung in Bezug auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse ist der nunmehr legal definierte, verobjektivierte Geheimnisbegriff. Während nach § 17 UWG im Wesentlichen ein subjektiver Geheimhaltungswille – der sich objektiv lediglich in irgendeiner Form manifestieren musste – ausreichte, wird nach § 2 Abs. 2 GeschGehG insbesondere Folgendes eingefordert:
Geschäftsgeheimnis ist (nur) eine Information, die (a) weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und (b) Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist.
Rz. 159
Zentral in diesem Zusammenhang ist das Erfordernis angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen, über deren konkrete Form auch der Gesetzgeber jedenfalls einige Grundsätze an die Hand gibt:
Zitat
Welche Arten von Geheimhaltungsmaßnahmen konkret erfolgen müssen, hängt von der Art des Geschäftsgeheimnisses im Einzelnen und den konkreten Umständen der Nutzung ab. In Betracht kommen sowohl physische Zugangsbeschränkungen und Vorkehrungen wie auch vertragliche Sicherungsmechanismen. Es ist nicht erforderlich, jede geheim zuhaltende Information gesondert zu kennzeichnen, sondern es können grundsätzlich Maßnahmen für bestimmte Kategorien von Informationen ergriffen werden (zum Beispiel technische Zugangshürden) oder durch allgemeine interne Richtlinien und Anweisungen oder auch in Arbeitsverträgen vorgegeben werden.
Bei der Wertung der Angemessenheit der Schutzmaßnahmen können insbesondere berücksichtigt werden: der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Informationen, die Bedeutung für das Unternehmen, die Größe des Unternehmens, die üblichen Geheimhaltungsmaßnahmen in dem Unternehmen, die Art der Kennzeichnung der Informationen und vereinbarte vertragliche Regelungen mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern.
Rz. 160
Bislang musste nahezu Nichts getan werden, um rechtlichen Schutz für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in Anspruch zu nehmen, Bestandsschutz gab es nahezu automatisch. Das ändert sich jetzt. Bereits im Vorfeld ist ein umfassendes Schutzkonzept notwendig, um sich im Ernstfall wehren zu können, was auch Auswirkungen auf die entsprechende Arbeitsvertragsgestaltung hat. Denn in diesem Zusammenhang nennt der Gesetzgeber selbst allerlei "vertragliche Schutzmechanismen" ausdrücklich als eine mögliche "angemessene Maßnahme", die einen Vertraulichkeitsschutz erst ermöglicht. Ohne derartige Verabredungen wird es in Zukunft also schwierig sein, sich gegenüber Mitarbeitern überhaupt auf einen Geheimnisschutz berufen zu können. Fehlt es an derartigen Abreden, werden sich betroffene Unternehmen kaum noch auf ein Geschäftsgeheimnis berufen können. Arbeitsrechtliche Sanktionen aller Art, Unterlassungs-, Schadensersatz- und/oder Vertragsstrafen laufen dann ins Leere.
1. Allgemeine Pflicht zu Verschwiegenheit und Geheimnisschutz (Abs. 1)
Rz. 161
Dies betrifft zunächst eine allgemeine Pflicht zu Verschwiegenheit bzw. Geheimnisschutz. Auch wenn derartige Abreden bereits zum Standardrepertoire in vielen Altverträgen gehört haben, hatten sie hier zumeist noch vor allem deklaratorischen Charakter, denn es ist allgemein anerkannt, dass derartige Pflichten bereits zum Nebenpflichtenkatalog nach § 241 Abs. 2 BGB zählen und somit unabhängig von einer Aufnahme in die Arbeitsverträge galten. Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass sich dies durch die Einführung des GeschGeh und der nunmehr erforderlichen "angemessenen Maßnahmen" (vgl. § 2 Abs. 2 GeschGehG) einschließlich der "vertraglichen Sicherungsmaßnahmen" geändert hat. Es ist deshalb zu empfehlen, den Aspekt des Geheimnisschutzes nunmehr ausdrücklich in den Verträgen zu benennen, sowohl in Form einer allgemeinen Verpflichtung, aber auch mit Blick auf die einzelnen konkreten Schutzgüter.
2. Konkrete Definition von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (Abs. 2)
Rz. 162
Soweit angemessene Maßnahmen zum Geheimnisschutz auch vertragliche Sicherungsmechanismen umfassen sollen, erfordert dies – gerade unter ergänzender Beachtung des AGB-rechtlichen Transparenzerfordernisses gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB – regelmäßig auch eine konkretere Benennung der einzelnen Schutzgüter. Denn es wird vor dem Hintergrund von § 2 Abs. 2 GeschGehG und § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kaum ausreichend sein, auf eine abstrakte Definition (bspw. "jedes vertrauliche Dokument") zu verweisen, die die Arbeitnehmer im Einzelfall im Unklaren darüber lässt, ob es sich bei dem infrage stehenden Dokument um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis handelt oder nicht. Auf der anderen Seite sollte eine typologische Benennung (bspw. "Kundenliste") ausreichend sein, um den Arbeitnehmern hinreichend klar zu machen, dass es sich bei derartigen Dokumenten um ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis handelt. Eine konkrete Au...