Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
Rz. 316
Die Regelung von Ausschlussfristen in formularmäßig vorformulierten Arbeitsverträgen ist in den vergangenen Jahren immer anspruchsvoller und tückenreicher geworden, da die Rechtsprechung die Anforderungen an eine rechtswirksame Gestaltung in verschiedener Hinsicht erhöht hat. Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass gerade eine Ausschlussklausel aufgrund ihrer im Einzelfall u.U. beträchtlichen Auswirkungen im Vertrag unbedingt unter einer aussagekräftigten Überschrift und nicht etwa versteckt unter der Überschrift "Verschiedenes" oder "Schlussbestimmungen" untergebracht werden sollte. Letzteres kann nämlich schon dazu führen, dass die Regelung als aufgrund ihrer Unterbringung an unerwarteter Stelle formal überraschende Klausel i.S.d. § 305c BGB gar nicht erst Vertragsbestandteil wird. Die Regelungen zum Verfall von Ansprüchen sollten daher ohne sachliche Vermischung mit sonstigen Regelungen unter einer Überschrift untergebracht werden, die bereits deutlich auf den Inhalt der Regelung schließen lässt (etwa "Ausschlussklausel", "Ausschlussfrist" oder "Verfallklausel"). Im Übrigen sind bei der Vertragsgestaltung folgende Aspekte zu beachten:
1. Zulässige Dauer der Ausschlussfrist
Rz. 317
Die Arbeitsgerichte mussten in der Vergangenheit mehrfach zur Frage urteilen, wie kurz eine Ausschlussfrist auf den beiden Stufen einer Ausschlussfrist bemessen werden darf, ohne dabei in Konflikt mit den Grundsätzen der §§ 305 ff. BGB zu geraten: Das BAG geht insoweit davon aus, dass eine Frist für die schriftliche Geltendmachung von weniger als drei Monaten im Rahmen einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist unangemessen kurz ist. Fristen von drei Monaten und mehr werden dagegen von der Rechtsprechung anerkannt.
Im Falle der Vereinbarung einer zweistufigen Ausschlussfrist empfiehlt sich eine Mindestfrist von drei Monaten auch auf der zweiten Stufe, also hinsichtlich der gerichtlichen Geltendmachung etwaiger Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Schlagwortartig wird hier teils von einer "3+3 Regel" gesprochen.
2. Beginn der Ausschlussfrist
Rz. 318
Bei der Gestaltung einer Ausschlussklausel ist mit Blick auf die Regelung des Beginns der Fristen weiter zu bedenken, dass nach Auffassung des BAG Klauseln, die insoweit nicht an die Fälligkeit der Ansprüche anknüpfen, sondern z.B. allein und unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsinhabers auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellen, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sind. Es ist daher an die Fälligkeit der Ansprüche anzuknüpfen, womit vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Rechtsprechung den Begriff der Fälligkeit auch an subjektive Voraussetzungen knüpft, auch sichergestellt wird, dass die Ausschlussfrist nicht völlig unabhängig von der Kenntnis des Anspruchsinhabers läuft. Fernab davon sind rein an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfende Ausschlussfristen auch schon deshalb wenig praktikabel, weil auch im laufenden Arbeitsverhältnis natürlich ein Interesse an der Herbeiführung möglichst baldiger Rechtsklarheit besteht.
3. Form der Geltendmachung
Rz. 319
Hinsichtlich der in der Ausschlussregelung vorgesehenen Form für die Geltendmachung von Ansprüchen ist die seit 1.10.2016 geltende Neufassung des § 309 Nr. 13 BGB zu beachten. Diese sieht – soweit hier von Interesse – vor, dass Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam sind, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Textform (§ 126b BGB) oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden.
Mit Blick auf die Geltendmachung von arbeitsvertraglichen Ansprüchen auf der ersten Stufe der Ausschlussfrist führt dies zunächst dazu, dass die früher sehr verbreiteten Standardregelungen, die die Einhaltung der Frist auf erster Stufe an eine schriftliche Geltendmachung knüpften, in Verträgen, die ab dem 1.10.2016 geschlossen wurden/werden, nicht mehr zulässig sind. Hier ist nur noch auf die gegenüber der Schriftform weniger strenge Textform des § 126b BGB abzustellen.
Rz. 320
Bei zweistufigen Ausschlussfristen wirft § 309 Nr. 13 BGB die weitere Frage auf, ob die wirksame Anspruchsgeltendmachung auf der zweiten Stufe an die Erhebung einer Klage geknüpft werden kann. Das BAG hat dies in der Vergangenheit unter § 309 Nr. 13 BGB a.F. akzeptiert: Es hat in diesem Zusammenhang offen gelassen, ob die typischerweise auf der zweiten Stufe vorgesehene Klageerhebung überhaupt eine "Anzeige oder Erklärung, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben ist", darstellt. Jedenfalls aber – so das BAG – gebiete eine angemessene Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten (§ 310 Abs. 4 S. 2 BGB) die Zulassung so...