Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
I. Musterklausel
Rz. 313
Muster 3.53: Ausschlussfristen
Muster 3.53: Ausschlussfristen
(1) Vorbehaltlich der in Absatz 3 dieses Paragrafen vorgesehenen Ausnahmen müssen sämtliche Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis sowie sämtliche Ansprüche, die mit diesem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit in Textform (§ 126b BGB) gegenüber der jeweils anderen Partei geltend gemacht werden. Werden sie nicht form- und/oder nicht fristgerecht geltend gemacht, so verfallen sie.
(2) Lehnt die in Anspruch genommene Partei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von drei Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt der Anspruch wiederum, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Ablauf der vorstehend vorgesehenen Drei-Wochen-Frist gerichtlich geltend gemacht wird.
(3) Die Regelungen der Abs. 1 und 2 dieses Paragrafen gelten nicht für die Haftung aufgrund Vorsatzes, für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit oder für Ansprüche des Arbeitnehmers, die kraft Gesetzes einer vertraglichen Ausschlussfrist entzogen sind (z.B. AEntG, MiLoG, BetrVG, TVG). Die Regelungen der Abs. 1 und 2 dieses Paragrafen gelten weiter nicht für die Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen.
II. Grundlagen
Rz. 314
Sowohl im laufenden Arbeitsverhältnis als auch nach dessen Beendigung besteht ein Interesse der Vertragsparteien daran, rasch Klarheit hinsichtlich der Frage zu erzielen, ob und inwieweit sie von der Gegenpartei noch aus dem Vertrag in Anspruch genommen werden können. Gerade auf Arbeitgeberseite ist das Interesse an einer zeitlichen Begrenzung einer möglichen Inanspruchnahme häufig stark ausgeprägt. Stellt sich z.B. heraus, dass ein Arbeitgeber seiner Belegschaft über Jahre hinweg einen Vergütungsbestandteil zu Unrecht vorenthalten hat, macht es häufig einen gravierenden Unterschied, ob die rechtlich gebotene Nachzahlung lediglich durch die Grundsätze der regelmäßig nach drei Jahren eintretenden Verjährung (§ 195 BGB) oder aber durch eine (deutlich kürzere) Ausschlussfrist (auch als "Verfallklausel" bezeichnet) begrenzt wird. Soweit sich nicht bereits auf anderer Ebene (z.B. in einem einschlägigen Tarifvertrag) Ausschlussfristen finden, empfiehlt sich daher dringend die Regelung von Ausschlussfristen auf arbeitsvertraglicher Ebene.
Rz. 315
Ausschlussfristen kommen in der Praxis sowohl in Gestalt von "einstufigen" als auch "zweistufigen" Ausschlussfristen vor. Eine einstufige Ausschlussfrist sieht zunächst nur vor, dass etwaige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht binnen einer bestimmten Frist (und regelmäßig auch in einer näher definierten Form) gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden. Zweistufige Ausschlussfristen sehen zusätzlich vor, dass gegenüber dem Vertragspartner geltend gemachte, von diesem jedoch abgelehnte Ansprüche auf der zweiten Stufe binnen einer bestimmten Frist auch gerichtlich geltend gemacht werden müssen, um den Verfall der Ansprüche zu verhindern. Das hier vorgeschlagene Muster enthält eine zweistufige Ausschlussfrist, kann jedoch selbstverständlich bei Bedarf auf eine einstufige Regelung reduziert werden (siehe den alternativen Regelungsvorschlag unter Rdn 328).
III. Hinweise zur Vertragsgestaltung
Rz. 316
Die Regelung von Ausschlussfristen in formularmäßig vorformulierten Arbeitsverträgen ist in den vergangenen Jahren immer anspruchsvoller und tückenreicher geworden, da die Rechtsprechung die Anforderungen an eine rechtswirksame Gestaltung in verschiedener Hinsicht erhöht hat. Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass gerade eine Ausschlussklausel aufgrund ihrer im Einzelfall u.U. beträchtlichen Auswirkungen im Vertrag unbedingt unter einer aussagekräftigten Überschrift und nicht etwa versteckt unter der Überschrift "Verschiedenes" oder "Schlussbestimmungen" untergebracht werden sollte. Letzteres kann nämlich schon dazu führen, dass die Regelung als aufgrund ihrer Unterbringung an unerwarteter Stelle formal überraschende Klausel i.S.d. § 305c BGB gar nicht erst Vertragsbestandteil wird. Die Regelungen zum Verfall von Ansprüchen sollten daher ohne sachliche Vermischung mit sonstigen Regelungen unter einer Überschrift untergebracht werden, die bereits deutlich auf den Inhalt der Regelung schließen lässt (etwa "Ausschlussklausel", "Ausschlussfrist" oder "Verfallklausel"). Im Übrigen sind bei der Vertragsgestaltung folgende Aspekte zu beachten:
1. Zulässige Dauer der Ausschlussfrist
Rz. 317
Die Arbeitsgerichte mussten in der Vergangenheit mehrfach zur Frage urteilen, wie kurz eine Ausschlussfrist auf den beiden Stufen einer Ausschlussfrist bemessen werden darf, ohne dabei in Konflikt mit den Grundsätzen der §§ 305 ff. BGB zu geraten: Das BAG geht insoweit davon aus, dass eine Frist für die ...