Dr. iur. Thilo Mahnhold, Dr. Claudia Schramm
I. Musterklausel
Rz. 383
Muster 3.64: Salvatorische Klausel
Muster 3.64: Salvatorische Klausel
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Vertrages ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder werden, so lässt dies die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen dieses Vertrages unberührt. Dies gilt auch in dem Fall, dass sich der Vertrag als lückenhaft herausstellen sollte.
II. Grundlagen
Rz. 384
Wenngleich die Wirkungen derartiger Regelungen nicht überschätzt werden sollten, werden in der Praxis regelmäßig sog. salvatorische Klauseln in Arbeitsverträge aufgenommen. Zu finden sind diese meist am Ende des Arbeitsvertrags, entweder in einem eigenen Paragrafen oder unter den "Schlussbestimmungen" des Vertrags. Zweck dieser Regelungen ist es im Kern, den Willen der Parteien zur Aufrechterhaltung des Vertrags im Übrigen bei Unwirksamkeit einzelner Bestimmungen kundzutun. Bei Vorliegen von AGB ist dieser Wille besonders auf Seiten des Verwenders stark ausgeprägt, da dieser durch die salvatorische Klausel erreichen möchte, dass die Auswirkungen einer etwaigen Rechtsunwirksamkeit einzelner Bestimmungen möglichst begrenzt wird und seine Vertragsbedingungen im Übrigen weiter wirksam bleiben. Salvatorische Klauseln sind in durchaus unterschiedlichen Erscheinungsformen und mit unterschiedlichem Regelungsgehalt anzutreffen:
Rz. 385
Zunächst finden sich häufig dem obenstehenden Regelungsvorschlag entsprechende Regelungen, die lediglich auf eine Erhaltung des Restvertrags für den Fall abzielen, dass einzelne Bestimmungen – etwa wegen eines Verstoßes gegen §§ 305 ff. BGB – unwirksam sind bzw. dies nach Vertragsschluss werden oder sich herausstellt, dass der Vertrag eine Regelungslücke enthält. Der Regelungsgehalt solcher "Erhaltungsklauseln" beschränkt sich also auf die für eine salvatorische Klausel schon begrifflich charakteristische "bewahrende" bzw. "erhaltende" Wirkung. Obwohl – oder gerade weil – die in derartigen Klauseln vorgesehene Rechtsfolge der Wirksamkeit des Restvertrags in aller Regel schon aus allgemeinen Regeln bzw. im Fall von AGB aus § 306 Abs. 1 BGB folgt, sind derartige Klauseln grds. als zulässig und wirksam anzusehen.
Rz. 386
Weitergehende Rechtsfolgen enthalten sog. "Ersetzungsklauseln": Solche sehen zusätzlich vor, dass eine unwirksame Vertragsregelung durch eine wirksame Regelung zu ersetzen und eine etwaige Vertragslücke durch eine solche Regelung zu schließen ist, die dem wahren Willen der Parteien oder aber dem (wirtschaftlichen) Zweck des Vertrags am nächsten kommt (siehe beispielhaft den alternativen Regelungsvorschlag unter Rdn 396 f.). Auch solche Ersetzungsklauseln treten in verschiedenen Spielarten auf: Teils behält sich der Verwender – im arbeitsrechtlichen Kontext also regelmäßig der Arbeitgeber – das Recht vor, einseitig die unwirksame Bestimmung zu ersetzen, teilweise verpflichten Ersetzungsklauseln die Vertragsparteien aber auch zur Aufnahme von Verhandlungen über eine wirksame Ersatzregelung. Ebenfalls anzutreffen sind schließlich Ersetzungsklauseln, nach denen eine dem Vertragszweck am nächsten kommende Ersatzregelung automatisch, d.h. ohne Bestimmung durch den Verwender bzw. ohne Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien zum Bestandteil des Vertrages werden soll.
Rz. 387
Ein dritte in der Praxis anzutreffende Erscheinungsform salvatorischer Klauseln sind schließlich die sog. "Reduktionsklauseln". Diese sehen letztlich vor, dass in ihrer Ausgestaltung unangemessene und damit an sich unwirksame Regelungen – etwa über unangemessen hohe Vertragsstrafen oder unangemessen kurze Ausschlussfristen – in auf das rechtlich noch Zulässige reduzierter Form aufrechterhalten werden.
III. Hinweise zur Vertragsgestaltung
Rz. 388
Bei der Gestaltung salvatorische Klauseln ist zunächst einerseits zwischen den voranstehend angesprochenen Klauselarten zu unterscheiden. Daneben kommt es bei der Gestaltung salvatorischer Klauseln entscheidend weiter darauf an, ob der Vertrag oder jedenfalls die salvatorische Klausel im Einzelnen individuell ausgehandelt wird oder ob es um eine den §§ 305 ff. BGB unterfallende Regelung in AGB geht:
1. Salvatorische Klauseln in AGB
Rz. 389
Die Gestaltungsmöglichkeiten für rechtswirksame salvatorische Klauseln sind in AGB stark eingeschränkt: Reduktionsklauseln kollidieren offensichtlich mit dem aus § 306 BGB abgeleiteten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion bzw. dem in § 306a BGB geregelten Umgehungsverbot. Würde man derartige Regelung als wirksam akzeptieren, würde dies dazu führen, dass Verwender von AGB risikolos unangemessene bzw. rechtsunwirksame Regelungen in ihre Standardverträge aufnehmen könnten und im aus ihrer Sicht schlimmsten Fall – soweit es überhaupt zu einer rechtlichen Prüfung der Klausel kommt – eine Reduktion auf das eben noch rechtlich Zulässige erfolgen würde. Ein solches Ergebnis würde evident mit dem Zweck des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion kollidieren. Auch aus den na...